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Freitag, 23. Dezember 2016

Psychologie des Neides
Ein buddhistischer Ansatz
Ngakpa Jig'med Sempa

Neid scheint ein kulturelles Phänomen zu sein. In einigen Kulturen freut man sich, wenn der nachbar ein neues Fahrzeug erworben hat und in anderen Kulturen bricht häufig Neid hervor anstatt Mitfreude. 

Neid zeigt sich in vielen Gesichtern und Formen. So neiden wir unseren Mitmenschen den Erfolg bei Frauen, Jobs oder Besitz. Auch im Bereich der Tiere gibt es den Futterneid und der Vollendete sprach häufig in seinen Lehrreden vom Neid der Titanen auf die Götter und die damit verbundenen Auseinandersetzungen. Wir sehen also, dass Neid in allen Bereichen des Lebensrades offensichtlich ist; selbst Pflanzen neiden instinktiv, wenn es um den besten Platz an der Sonne geht.

Was ist aber das Gegenmittel zum Neid? Zum einen Mitfreude (Mudita), ein Brahmavihara also eine Heimstadt der Götter oder anders ausgedrückt ein Teilaspekt auf dem Pfad zur Befreiung.
Zum anderen können wir Dankbarkeit entwickeln für das, was wir schon an Fähigkeiten oder an äußeren Reichtum besitzen. Wir haben die Möglichkeit, Zufriedenheit zu erlangen, denn was nützt uns das dritte Automobil oder das vierte Haus? Wir können immer nur in einem Automobil fahren oder in einem Haus wohnen, niemals zeitgleich in beiden etc. 

Wenn wir neidisch sind, dann haben wir in der Regel einen Mangel an Selbstwertgefühl, denn wenn wir permanent vergleichen, dann sind wir mit unseren Projektionen nur bei anderen nur nicht bei uns selbst. Dieses ist ein Mangel an Freundlichkeit für uns selbst und ein Mangel an Freundlichkeit gegenüber der anderen Person, denn wir neiden ja der anderen Person ihren Erfolg und sind eng im Herzen. Hier könnte eine Großzügigkeit, eine Weite des Herzens, ein Gönnen sehr heilsam sein. 

Wer neidisch ist, sieht immer nur Defizite bei sich; er erhofft sich Stillung der Defizite indem er wünscht, dieses oder jenes, was der andere besitzt, ebenfalls zu besitzen und damit satt zu werden. Welch ein Trugschluss! Wer nur anhäuft, wird niemals satt und zufrieden, denn unser Ego Geist findet immer gleichsam ein neues Objekt der Begierde bei einem anderen Menschen. So dreht sich der Kreis des Leidens.

Neid ist eine Quelle der Vergiftung unseres Geistes. Wir sprechen im Volksmund ja auch dass er oder sie "gelb oder giftig vor Neid" war. Gelb steht hier für Eiter oder für Vergiftung; buchstäblich vergiften wir unseren Geist und auch unseren Körper, wenn wir sehr häufig neidisch sind. Wir werden bitter ihm "kam die Galle hoch," wie wir es mitunter umgangssprachlich ausdrücken würden. Hier zeigt sich auch eine mögliche körperliche Auswirkung der Vergleichssucht.

Neid führt ebenfalls sehr häufig dazu, dass wir eine andere Person entwerten. Wenn wir neidisch sind, sollten wir dringlich auf unsere Sprache achten und nicht herablassend reden, nur weil wir einem anderen Menschen dieses oder jenes Objekt oder eine Eigenschaft neiden. Vielleicht wäre es klug, sich seinen Neid einzugestehen und damit zurück zu sich selbst kommen und schlichtweg den Mund zu halten und sich einer hässlichen Sprache zu enthalten und damit die geistige Umgebung nicht zu verschmutzen mit seiner Enge und Gehässigkeit!

Wenn wir Neid besitzen, kann dieses auch bedeuten, dass wir uns nicht bejahen. Wir sehen all unsere gütigen und großzügigen Aspekte unseres Daseins nicht, da wir nur auf das Defizit in unserem Leben schauen. So verneinen wir uns anstatt uns zu bejahen und das Offene und Freundliche sowie unsere Großzügigkeit und unsere Liebe zu schätzen und uns daran zu erfreuen, sie zu teilen und uns damit auch ein Stück weit uns zu verschenken.

Montag, 19. Dezember 2016

Freitag, 16. Dezember 2016

Reue und Vergebung

Wenn wir unheilsame Handlungen und Taten vollbracht haben, können wir in sieben Schritten damit praktizieren. Es ist wichtig, dass wir alles, also wirklich alles auf unserem spirituellen Pfad benutzen können. Wer ein gut geübter Praktizierender ist, der hat immer einen geistigen Werkzeugkoffer, wie ich es immer bezeichne, dabei um in einer schwierigen Situation das geeignete Werkzeug zu benutzen um den Schaden so gering wie möglich zu halten. 

Erster Schritt: Achtsamkeit: Wir sollten merken, dass wir etwas tun, was für andere oder für uns unheilsam ist. Karma in Kurzform bedeutet, dass Handeln Folgen hat! Immer. 
Es ist also wichtig, ein geistiges Frühwarnsystem zu besitzen, welches anschlägt, wenn wir gerade Handlungen vollbringen, welche nicht angemessen sind und andere Wesen schädigen könnten. Ebenfalls von Relevanz ist, dass wir immer erkennen sollten, welche Motivation wir gerade besitzen. Hier können wir dann sehr gut unsere augenblickliche ethische Verfassung und auch unseren augenblicklichen (!) Geisteszustand erkennen und zielgerichtet eingreifen. 

Zweiter Schritt: Reflextion: Wenn unsere Achtsamkeit nicht gereicht hat, kann es wichtig sein, dass wir zum Abschluss des Tages hin, eine Reflextion vornehmen. Dabei fällt uns meistens auf, was nicht so gut gelaufen war an diesem Tag. Wir entwickeln so nach und nach ein ethisches Gewahrsein, welches uns im Verlaufe der Zeit durchaus zu schützen vermag.

Dritter Schritt: Eingeständnis von Fehlern: Wir erkennen ohne großes Bohei, sehr klar unsere Fehler und gestehen sie uns ein und auch dem Buddha. Das kann der Erhabene selbst sein, wenn wir Theravadin sind oder unseren transzendenten Buddha wie Amitabha oder wir reinigen uns in einer Vajrasattva Praxis des hundert Silben Mantra, wenn wir die Ngöndro, also Vajrayana Übende sind. Von großer Bedeutung ist hier das schnörkellose Eingestehen. Wir sind ehrlich zu uns selber und aufrichtig dem Buddha gegenüber und öffnen auch unser Herz. 

Vierter Schritt: Reue: Wir bereuen aufrichtig und geloben, dass wir uns entschuldigen werden. Ein "by the way sorry" ist hier nicht angebracht! Wenn es uns möglich ist, versuchen wir unsere negative Handlung wieder gut zu machen und beseitigen den emotionalen wie materiellen Schaden.
Merke jedoch: Reue ist kein Schuldgefühl. Wir bleiben aktiv! Schuldgefühle sind passiv und lähmen uns und sie verbessern niemals die Situation! Wer sich in Schuld suhlt, ist ein fauler Mensch, da er nicht die Verantwortung für sich übernimmt und nur jammert und klagt. Eine unwürdige und lächerliche Haltung eines Feiglings. Wir sind spirituelle Krieger, keine Vielschwätzer.

Fünfter Schritt: Sich selbst vergeben: Hier beginnt die innere Reinigung. Wir praktizieren viel Metta für uns und beginnen uns langsam freundlicher zu betrachten. Wir lernen zu vergeben und wir verurteilen uns nicht, noch klagen wir uns an. Dieses ist sehr wichtig! Wir beginnen, wieder Lebensmut zu finden und schaffen eine lebenszugewandte liebevolle und von Hoffnung getragene neue Atmosphäre. 
Mein Lehrer Mingyur Rinpoche spricht sehr klar darüber, dass wir auch den sechsten Aspekt nicht vergessen sollten:

Sechster Schritt: Scheitern dürfen: Wir dürfen scheitern. Wir sind nicht erleuchtet. Fehler dürfen sein, so wie wir sein dürfen in unserer ganzen Bandbreite unseres Seins. Wir gestatten uns, dass wir auch scheitern dürfen. Jedoch übernehmen wir Verantwortung und stehen immer wieder neu auf um nach einer Niederlage neu und voller Kraft weiter zu praktizieren. Erst die Niederlage gibt uns Einblick in unseren Charakter und unseren Mustern. Somit ist die Niederlage der Motor, der uns als spirituelle Krieger antreiben kann, denn wir ziehen Erkenntnis und Weisheit aus ihr. 

Siebter Schritt: Ruhen: es gibt nichts mehr zu tun. Wir ruhen im klaren Gewahrsein. Wir schwätzen nicht geistig, gestatten uns zu ruhen, entspannen unseren Geist und unseren Körper und widmen unsere so durchgeführten Verdienste all den Wesen. Mehr ist nicht zu tun. 

 


Sonntag, 4. Dezember 2016

Mittwoch, 30. November 2016

Das Kultivieren von entspannter Freundlichkeit; Achtsamkeit und Mantrapraxis

Es ist sehr wichtig, wenn wir im Alltag mit Menschen sprechen, dass wir auf  unsere Gedanken, unsere Sprache und auch auf unseren Körper achten.

Gedanken schaffen unsere individuelle Welt. Haben wir viele negative Gedanken, dann ist auch häufig unsere Sprache schnell gereizt und mitunter gehässig. Dieses führt dazu, dass wir die Tore für all die anderen Kleshas (Verunreinigungen) öffnen wie Neid, Gier, Vergleichssucht, Eitelkeit, Stolz, Gerüchte streuen und Zynismus als Beispiele. Als Folge hiervon können wir auch in extremen Fällen dazu neigen, dass wir körperliche Gewalt anwenden, sei es "nur" eine Ohrfeige, ein Rempeln oder ein Schubsen oder sogar eine Schlägerei bis hin zum Mord. So entstehen aus negativen Gedanken all die unheilsamen Handlungen, die uns und auch andere schädigen können.

Sind unsere Gedanken hingegen gelöst, heiter und freundlich,  dann wird auch unsere Sprache offener, liebevoller und von Freundlichkeit getränkt sein. Wir fühlen uns körperlich wohl, unser Immunsystem ist stark und wir sind bereit, anderen Menschen auch körperlich behilflich zu sein. Wir fühlen uns auch stärker und unser Körper ist in einem entspannten Modus, nicht im Angriffsmodus wie bei den negativen Geistesverfassungen.

Was aber können wir tun, wenn wir einmal in schlechten Geisteszuständen sind? Zuerst einmal: Achtsamkeit, Gewahrsein! Wir müssen merken, was gerade in DIESEM MOMENT in uns vorgeht. Wenn negative Gedankenspiralen entstehen, kann die innere Rezitation eines Mantras helfen. Im Buddhismus wird die mantra Rezitation empfohlen, da ein Mantra unseren Geist schützt und uns auch vor uns selbst schützt. Vor all den inneren Negativitäten. Es gibt traditionelle Mantras wie das Amitabha Mantra: "Om Amideva HRI" oder das berühmte "Om mani peme hung" des Bodhisattva Avalokiteshvara oder das Guru Rinpoche Mantra "Om ah hung benzra guru peme siddhi hung!" Wir können jedoch auch, wenn wir nicht religiös sind, ein individuelles Mantra rezitieren, von dem wir uns persönlich angesprochen fühlen wie zum Beispiel: "Alles wird gut!" Wichtig ist, dass wir uns während der inneren wie äußeren Rezitation auf das Mantra einlassen und unseren Geist entspannt darauf fokussieren. 

Wenn jedoch wir in sehr schlechten Geisteszuständen sind und uns im unmittelbaren Stress befinden, dann sollten wir schlichtweg unsere Schnautze halten und hierdurch unsere Umwelt nicht geistig verunreinigen. 
Dieses zu üben hilft ungemein, denn so richten wir keinen weiteren Schaden an; wir schaffen einen Abstand, einen Puffer und müssen somit nicht unmittelbar reagieren. Ferner unterbrechen wir den negativen Konditionalnexus und kommen auch körperlich nicht in Gefahr, etwas Unheilsames mit ihm durchzuführen.

Wichtig im Alltagsleben ist es, immer das Gewahrsein aufrecht zu erhalten und sich darin zu üben, freundlich zu sein und es zu bleiben. Ob es nun zu der Kassiererin oder zu seinen Studenten oder zu seinen Arbeitskollegen ist, hier in diesem Augenblick haben wir  ein unerschöpliches Feld der Praxis. 
Ein gut geübter Praktizierender zieht sich nicht von der Welt zurück; er lebt in ihr und nutzt alles, was sich ihm auf dem täglichen Weg bietet. Wenn wir dies nicht tun würden, dann könnten wir in Gefahr geraten, spirituell unsere eigene heile Welt aufzubauen. Dieses ist ein versteckter Egoismus, denn wir schließen alles Unangeneme aus und wollen nur immer in "heiligen" Geisteszuständen sein, was völlig illusorisch ist und auch spirituell schädlich.

Die hl. Teresa von Avila sagte einmal sinngemäß: "Ich brauche keine weitere heilige Nonne, ich brauche eine, die die Toiletten reinigt." Nicht Weltrückzug sondern in der Welt mit all den vielfältigen Herausforderungen des täglichen Lebens zu sein, bringt die Erfahrung und das Wissen letztendlich auf seinem Pfad wirklich voranzuschreiten. Versuchen wir es und üben wir uns stetig!

Samstag, 19. November 2016

Shrine.
Achtsamkeit (Sati)

Ein wichtiger Aspekt der Achtsamkeit ist, dass wir uns stets daran erinnern, dass wir unseren Geist positiv ausrichten sollten. Ein Geist - hierunter ist der konventionelle Ego Geist gemeint - der nicht  durch ein Gewahrsam trainiert wird, verlottert recht schnell. 
Wir bemerken dies an der Zunahme von geistiger wie körperlicher Faulheit, einem sich steigernden Medienkonsum und dem Wachsen von Gier und Hass. 

Was ist die Bedeutung des oben Erwähnten? Wer seinen Geist nicht trainiert, der neigt dazu, sehr gern sich endlos vor dem Computer/Tablet oder Smartphone abzulenken. Vorsicht! Umso mehr man Zeit vor diesen Zeitfressern verbringt umso weniger ist man wirklich gewahr, was mit und um einen geschieht. Wir sind abgelenkt und dies öffnet die Tore der Hölle aus Sex, Crime, Rechthaberei und Langeweile, denn wenn wir das fünfzigste Mal ein Newsportal oder eine Pornoseite ansehen, ändert sich trotzdem nichts und die Langeweile nimmt zu. Eine Langeweile des Überdrusses! Mit der Langeweile kommt auch die Sinnlosigkeit und die Einsamkeit. 

Ein weiterer Aspekt ist die Faulheit des Geistes und die damit verbundene Faulheit des Körpers. Wenn die Ablenkung stark ist, vergessen oder schieben wir dringend benötigte Arbeiten wie die Wohnung zu säubern,  einem Freund zu helfen oder auch nur notwendige Rechnungen zu bezahlen auf. Die Verschieberitis...ein Euphemismus für den trägen Geist. Auch werden wir nachlässig, indem wir uns körperlich wenig bewegen, welches unserer Gesundheit nicht förderlich ist. Faulheit! Das beste Mittel gegen Faulheit ist, dass wir zu unserer Achtsamkeit zurückkehren. Welche Dinge sind heute wichtig? Wie ist die Tendenz des Geistes, sich abzulenken gerade heute, in diesem Moment? Wie sieht es generell um meinen Geisteszustand aus? Bin ich freudig, konzentriert oder tendenziell ärgerlich oder verworren gestimmt? All dieses bedeutet, dass wir in den Prozess der Achtsamkeit, auf dem sicheren Pfad zurückkehren. 

Wenn wir unseren Geist positiv ausrichten wollen, müssen wir ihn stets trainieren. Denn gern wird unser Geist faul, schlapp und töricht! Hören wir auf, uns etwas vorzulügen: "Ach, jetzt sehe ich noch kurz in dem oder dem Portal rein und danach werde ich schon alles erledigen; ich bleib ja nicht lange auf diesem Portal..." Wir kennen alle die billigen Ausreden! Wir kennen alle die törichte Faulheit! Das Gegenmittel bedeutet, sich zu erinnern und auf dem Pfad zurückkehren. 

Ein Geist, der gut trainiert ist, sieht das Schöne und Wertvolle in den vielen kleinen Dingen unseres täglichen Lebens. Er erfreut sich an dem warmen Sonnenstrahl, der seine Haut berührt,  er erfreut sich an der Großzügigkeit, einem Segen eines Obdachlosen, wenn wir ihm zum Beispiel Geld gegeben haben, er erfreut sich daran, dass er einen Lehrer hat und den Dharma folgen kann, er erfreut sich an dem Sangha, seinen Freunden auf dem Pfad oder er sieht die Schönheit in der Begegnung mit einem anderen Menschen. So vieles gibt es mit Dankbarkeit und Wertschätzung zu würdigen. 
Wenn wir erkennen, das wir zum Jammern und Klagen neigen oder uns übel verhalten, dann ist das in erster Linie der Faulheit geschuldet. Wir haben die Wahl, wir können unseren Geist ausrichten. Er ist letzendlich der Schöpfer von Himmel und Hölle. Trainieren wir ihn. 

 

Donnerstag, 3. November 2016

Wertschätzung

Hektische Betriebsamkeit

Wer den Pfad der Meditation, der Ethik und der Weisheit betritt, also den Pfad des Dharma, der sollte sich davor hüten, allzu betriebsam zu sein. Der Buddha hat seinen Mönchen immer wieder empfohlen, in die Stille und auch hiermit verbunden, in die Einsamkeit zu gehen. 
Wenn wir in die Einsamkeit gehen, seien wir Zuhause oder in einem Einzelretreat (Einzelklausur oder Solitary) dann haben wir wirklich Zeit über die grundlegenden Dinge nachzudenken und unser Herz mit Fülle und Kargheit gleichsam zu erfeuen. Fülle und Kargheit? Fülle deshalb, weil wir in der Stille und in der Kontemplation unser Herz mit Sinn füllen. Sinn bedeutet hier sich zu fragen, was denn wirklich wichtig für unser persönliches Leben ist. Was hat Bedeutung? 
Dieses kann unter anderem Dankbarkeit, Zu- und Loslassen oder auch nur tiefe Freude bedeuten, dass wir den Pfad des Dharma betreten haben. 
Kargheit wiederum bedeutet, dass wir karger werden in unseren Bedürfnissen und dem sich endlos drehenden Karussel des Begehrens und des Wünschens. 

Kargheit und Nüchternheit sind wichtige Bestandteile des Pfades, da sie uns inspirieren darüber nachzusinnen, ob das ganze Tun und Handeln uns wirklich Sinn und Tiefe sowie Zufriedenheit vermittelt oder es nur durch die hektische Betriebsamkeit ein Weglaufen vor uns selbst oder dem Tod kommt. 

Alle Ablenkungen, alle Anstrengungen durch materiellen Wohlstand Glück zu erhoffen sind letztendlich vergebens denn sie unterstützen eher unsere Haltung des Greifens anstatt des Abgebens. Wer jeden Tag sich alle Wünsche erfüllen zu vermag, der wird innerlich ärmer und trauriger. Wer jedoch Geduld hat und sich Zeit und Muße nimmt, der erhält reichen Lohn, denn er wird sich auf etwas freuen können und es besonders wertschätzen. 

Hektische Betriebsamkeit führt dazu, dass unser Geist angespannt bleibt und auch unser Körper nervös reagiert. Unsere Nerven sind dünn wie Bindfäden und genau so verhält es sich dann in unserem Umgang mit uns selbst oder mit anderen Menschen. Unsere Sprache kann grob und rau werden und wir verlieren das Gespür hierfür, wie wir auf andere Menschen wirken und sie vielleicht verletzen. Hektische Betriebsamkeit schafft Unruhe in unserem Leben. Aus Muster entstehen Gewohnheiten und aus Gewohnheiten bilden sich unsere Charaktereigenschaften. Dieses gilt es stets sich in Erinnerung zu rufen.  

Der Segen der Stille und der zeitlich befristeten Einsamkeit liegt auch darin, dass wir wieder unseren Geist Heim bringen und wir wieder Kontakt aufbauen zu uns selbst. Wir werden klarer, da wir langsam wieder auf den guten Pfad zurückkehren und bemerken, was wirklich wichtig ist in unserem Leben, was Erfüllung und Stillung bringt. Haben wir Mut, diesen Schritt zu gehen. 

Mittwoch, 2. November 2016

Wenn wir Dankbarkeit entwickeln und sie auch aus unserem Herzen fließen lassen können,  sind wir achtsam. Achtsamkeit ist das Erinnern dessen, was gut in unserem Leben ist und auch die Wertschätzung all dieser oftmals kaum bemerkten Dinge. 

Dienstag, 25. Oktober 2016

Vom Sinn und Zweck des Gebetes/Die drei grenzenlosen Eigenschaften eines Buddha.

Mein Lehrer Mingyur Rinpoche schreibt hierzu:

"Wir können zum Buddha beten, doch auch wenn der Buddha unser Karma nicht ändern kann, verändert das Beten unser Karma."

Warum ist das so? Das Gebet stellt eine Form der Zufluchtnahme zu den drei Juwelen dar. Diese drei Juwelen sind der Buddha, das Dharma (die Lehre des Buddha) und dem Sangha.

Wenn wir also zum Buddha beten, dann verändert sich hiermit unser Karma, da wir in einem heilsamen Geisteszustand gelangen und wenn wir für andere Menschen oder Tiere beten, dann hat dieses nach dem Karma Gesetz Auswirkungen. Karma bedeutet ja, das Handeln Folgen hat. Umso selbstloser wir für andere beten umso mehr bedeutet dies, dass wir gutes Karma schaffen.

Zu den Drei Juwelen zu beten, vielleicht in Form von Wunschgebeten, schafft also eine Verbindung zu den drei Juwelen. Letzendlich jedoch wird im Vajrayana gelehrt, schaffen wir es mit dem Buddha in uns selbst in Kontakt zu treten.

Wer am Anfang der rechten Bemühung, also unserer Praxis steht, der sollte sich den Buddha vorstellen, wie er die drei grenzenlosen Qualitäten besitzt. Diese sind: Grenzenlose Weisheit, grenzenlose Liebe und Mitgefühl (Metta und Mahakaruna) und grenzenlose erleuchtete Aktivität.

Was ist hierunter zu verstehen?
Grenzenlose Weisheit beinhaltet zwei Aspekte, den absoluten und den relativen Aspekt. Absolute Weisheit bedeutet die Verwirklichung und Durchdringung dass alle Phänomene leer und illusionsgleich sind. Diese Verwirklichung und diese Durchdringung vollzieht sich nicht nur intellektuell sondern auch tief im Herzen. Es besteht bei dieser Verwirklichung keinerlei Zweifel mehr. Der relative Aspekt bedeutet, dass der Buddha nicht abgewandt von den Wesen ist, sondern unsere Lebenswirklichkeit vollständig kennt mit all unseren Selbsttäuschungen, unseren Lügen unseren Neid und Geiz aber auch unserer Großzügigkeit und Liebe. Er erkennt alle Konzepte, die wir uns machen und auch all unsere Verwirrungen und Unklarheiten. Konzepte sind in diesem Zusammenhang. "Alles muss so laufen, wie ich es geplant habe." Doch leider zerbröseln häufig unsere Konzepte, da es niemals so läuft, wie wir es uns vorstellen.
Grenzenlos bedeutet in dieser Hinsicht, dass es nichts gibt, was sich der Wahrnehmung eines voll erleuchteten Wesens entzieht.

Grenzenlose Liebe und Mitgefühl bedeutet, dass die Buddhas uns und alle Wesen unermesslich lieben und für sie unermessliches Mitgefühl haben. Unermesslich bedeutet hier, dass es nicht zählbar, nicht an Konzepten und Vorstellungen gebunden ist. Da wir nicht erleuchtet sind, können wir uns nicht vorstellen (Konzept), wie unermesslich die Liebe eines Buddhas ist. Metta und Mahakaruna eines Buddhas existieren vollständig jenseits unseres begrenzten Denkens und all unserer Projektionen und Konzepte. Der Buddha, welcher diesen Aspekt besonders repräsentiert ist Amitabha.

Grenzenlose erleuchtete Aktivität als letzte der drei unermesslichen Qualitäten bedeutet, dass die Buddhas immer da sind um uns ganz individuell zu helfen. Doch leider sind wie es Rinpoche schreibt, wir nicht immer da. Ein Buddha bietet optimale Bedingungen um an uns zu arbeiten, denn er hat uns das Dharma vermittelt. Dieses bedeutet, dass wir selbst praktizieren können und uns selber verändern können. Veränderung bedeutet nicht immer, dass etwas schlecht wird sondern es bedeutet auch, dass wir uns zu einem liebevollen und reifen Menschen entwickeln können. Die Buddhas können uns den Weg erhellen, doch gehen müssen wir ihn schon selber.


Dienstag, 11. Oktober 2016

So sprach der Erhabene, der vollkommen Erwachte, der Lehrer von Menschen und Göttern:

"Dein größter Feind kann dich nicht so verletzen wie deine unbewachten Gedanken." 
Metta  (Liebende Güte)
Der Aspekt der Dankbarkeit

Der Buddha, sprach sehr eindringlich von der Praxis der Metta (Liebende Güte) Meditation. Wenn wir uns den Zustand dieser Welt und auch unseren eigenen Geisteszustand ansehen, dann wird die Dringlichkeit dieser Meditation sehr offensichtlich.
In der Regel versuchen wir für uns selbst Güte zu kultivieren, dann für eine uns sehr nahe stehende Person, danach für eine "neutrale" Person und letzendlich für eine Person, mit der wir im Moment Schwierigkeiten haben. Letztendlich wünschen wir allen Wesen Glück und Frieden.

Soweit so gut! Jedoch - und dies wird häufig gern übersehen - ist die Kultivierung von Dankbarkeit ein wichtiger Teil der Metta Meditation. 
Eine Metta Meditation, welche nur die fünf Phasen, die oben aufgeführt wurden durchführt, verkommt sehr schnell zu einer inhaltslosen und runterdeklinieren Liturgie, ohne, dass wir wirklich dabei sind und daher recht sinnlos!
Wenn wir etwas nur liturgisch zelebrieren, dann hat dies meistens, außer dem gutem Willen, wenig Sinn für uns und für andere. 

Metta will praktiziert, also gelebt werden !

Wenn wir in der "Liturgie" verharren, dann können wir wohl heilig erscheinen und solcher Art tun, es hat aber außer einem netten Show Effekt keine Wirkung. 
Wir müssen schon anfangen, unser Leben gütiger zu gestalten. Für uns selber Freundlichkeit und Güte zu entwickeln ist schon oftmals der erste große Stolperstein. Manchmal ist es recht heilsam, zuerst einmal eine längere Zeit nur für sich Güte aufzubauen, bevor wir in die anderen Phasen überwechseln. Ansonsten verlieren wir die Basis für die Meditation. 

Anfangen können wir auch damit, dass wir uns einmal klar machen, wie viel Schönes in unserem Leben ist, anstatt nur immer auf das Defizitäre herum zu reiten und ewig zu jammern. Schauen wir uns doch einmal unseren heutigen Tag an: Haben wir vielleicht unsere Tasse Tee genossen in Stille? Sind unsere Arbeitskollegen heute freundlich zu uns gewesen? Sind wir mit einem freudigen Gefühl erwacht? Fühlen wir uns verbunden mit unsern Liebsten? Oder haben wir schlichtweg "Glück" gehabt als es zu einem schweren Unfall kam? Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, was es Schönes und Gutes gab. Anschließend sollten wir vielleicht denken: "Oh, wie dankbar bin ich dass ich diesen Menschen in meinem Leben habe." "Ich fühle mich so gesund und bin heute voller Freude, da ich einen lieben Freund treffe..." 

All diese Dinge bringen Wertschätzung in unser Leben. In der Metta Meditation bedanken wir uns dann bei diesen Personen, dass sie so liebevoll zu uns waren oder schlichtweg bedanken wir uns bei der Natur, dass sie uns Nahrung und Wasser gab. Wichtig ist, dass wir in diesem Aspekt der Metta Meditation unsere Dankbarkeit und Wertschätzung objektivieren, sie also gleichsam einer Person zueignen. 

Wenn wir diesen Aspekt der Metta Meditation häufig üben, fühlen wir uns verbunden und innerlich reich. Dieses ist die Voraussetzung dafür, dass wir auch immer liebevoller und wertschätzend auf andere Wesen zugehen können. 

Mein verehrter Lehrer Mingyur Rinpoche schreibt zum Thema Dankbarkeit:
"Halten Sie die Sache einfach. Heute habe ich draußen in der warmen Sonne gesessen und habe eine Tasse Tee getrunken. Das war schön. Erfreuen Sie sich daran. Jetzt sitze ich auf einem Stuhl und lese ein Buch. Wie angenehm. Vielleicht erkennen Sie auch ihr ehrliches Bemühen an, ein guter Mensch zu sein, anderen zu helfen, zu lernen, gütiger zu sein und mehr Vertrauen aufzu-
bringen. Vielleicht erinnern Sie sich auch daran, einmal einen entlaufenen Hund wiedergefunden zu haben. Unsere tugendhaften Handlungen brauchen gar nicht großartig zu sein; es kommt nur darauf an, sie zu erkennen und wertzuschätzen."

Aus: Mingyur Rinpoche: Werde ruhig wie ein tiefer See. Arkana, 2015 





 

Freitag, 30. September 2016

"Alle reden von ihrer Meinung, doch wen interessiert die schon? Halt einfach die Klappe!"
Kodo Sawaki

Montag, 26. September 2016

Wenn du im Augenblick sehr empfindsam bist - ein kleiner Rat für emotionale Krisen und dem Sterben

Wir alle erleben mitunter Zeiten, in denen wir besonders empfindlich sind. Es kann sein, dass wir ängstlich, überempfindlich, gespannt und gereizt erscheinen. Krisen gehören zu unserem Dasein. Bedenken wir, dass unsere Krisen nicht nur uns selber betreffen sondern jeden Menschen. 

Krisen gehören zu unserem Leben dazu, denn wie könnten wir sonst wachsen, wie uns weiter entwickeln? Wir können sehr dankbar sein, dass wir vielleicht eine schwere Crisis durchleben. Es ist eine sehr wertvolle Zeit um uns zu läutern ( unser Verhalten zu überprüfen, unsere eigene Ethik anzuschauen ) und auch, um wirklich zu wachsen, zu reifen. 

Deswegen wehre starke und schwere bittere oder ängstliche Gefühle nicht ab; verleugne sie nicht, unterdrücke sie nicht oder versuche nicht vor ihnen zu fliehen, indem du dich sinnlos ablenkst. 

Betrachte all dieses, lasse es sich aussprechen, habe Offenheit für dich. Wenn emotionaler Schmerz, gleich welcher Art, entsteht, spüre ihn nur, sei ganz in diesem Augenblick. Gehe aber nicht gedanklich hinein, interpretiere nicht, noch schmücke es mit Fantasien aus. Hiermit verstärkst du deinen Schmerz nur völlig unnötig.

Lasse die Gedanken und Gefühle toben, lasse sie Jammern, lasse sie gefüllt mit Bitternis und Verlassenheit sein. Lasse sie zu. Gehe aber nicht in die gedanklichen Interpretationen. 
Wenn du merkst, du malst dir etwas aus, gehe zum gegenwärtigen Gefühl zurück. Immer wieder. Verbleibe nicht in den Gedankenwelten; sie können ein Tor zur Hölle sein. Nimm nur wahr, dass da Gedanken sind. Eigentlich nur Phänomene, die nicht zu mir, zu deiner wahren Natur gehören, denn diese ist nicht dual, nicht unterscheidend und niemals auf dein Ego bezogen. So wie die Wolken nur am Himmel erscheinen aber nicht der Himmel sind, so sind die Gedanken nur Erscheinungen aber nicht das, was wir wirklich sind.

Wenn du unter sehr starken körperlichen Schmerzen leidest, dann versuche auch hier, liebevoll zu deinem Körper zu sein. Wenn du unter Krebs oder eine andere Krankheit leidest, die dein Leben beenden wird, freue dich über jede schmerzfreie Stunde und widme dich dem Guten: rede liebevoll, sei großzügig zu dir und anderen Menschen und frage dich immer, was du Schönes für einen anderen Menschen noch tun kannst. Sei dankbar auch dafür, dass dich dein Körper so lange ohne große Mucken getragen hat. 
Was hat er alles für dich ausgehalten, Alkohol, Nikotin, wenig Schlaf, zu viel oder zu wenig Nahrung, nicht gesunde Nahrung, zu viel Anstrengung im Beruf? Sei ihm dankbar und lasse ihn, lasse ihn sich langsam verabschieden, verabschiede dich selber freundlich und warm von ihm. Alles endet nun einmal. Sei immer bereit hinter all dem Kummer und Schmerz den Tod zu sehen. Er verkleidet sich nur. Wenn du aber den Tod betrachtest, ist es immer dein Ego, das stirbt. Davor haben wir Angst. Das ist unsere Vernichtung. Wenn unser Ego etwas reduziert wäre, dann würde es uns leichter fallen, zu gehen, Abschied zuzulassen. 
Deswegen wird im Zen und generell im Buddhismus immer der Rat gegeben, dass wir zu jeder Sekunde bereit seinen sollten, dass wir der Vernichtung anheim fallen. Wenn du unter sehr starken Schmerzen leidest, nehme Schmerzmittel. Höre auf gute, dir wirklich wohlwollende Ärzte. Beachte aber immer, dass du wenn möglich noch klar bist. Es ist eine Gradwanderung.  

Halte deinen Geist immer liebevoll, zu dir und zu anderen Menschen. Wenn du stirbst, dann lasse es geschehen; es ist etwas, was völlig normal ist, denn jedes zusammen gesetzte Ding muss auseinander fallen, Platz schaffen. Es hat noch niemand den Tod überwunden, kein Wesen. Also höre auf, dir etwas vorzumachen. Es ist sinnlos! 
Lenke stattdessen deine Aufmerksamkeit in das Vertrauen zum Buddha Amitabha, zu Jesus oder zu deinem Gott. Öffne dich weit. Sei dir stets bewusst, dass du unklar wirst, dein Herz rast und du unruhig sein wirst. Auch wird dein Mund trocken sein und auch dein Körper, dein guter Freund, nun langsam seine Funktionen einstellen und kalt werden. Lasse sich dann liebevoll dein Bewusstsein auflösen. Nichts ist zu tun. Alles ist in Ordnung. 

Du siehst, ob es nun dein individuelles Sterben ist oder das Sterben von Emotionen und Verhaltensmustern, sei immer aufrichtig, stets liebevoll zu dir selbst und versuche nicht, all dieses abzuwehren. Halte schlicht aus. Wenn du dies vermagst, wirst du bereit sein, entweder neu zu leben oder im Frieden zu sterben. Was gibt es Schöneres?

Freitag, 23. September 2016

Zerfall
Im Buddhismus wird viel vom Zerfall des Körpers und auch unserer Sinnes- und Denkfunktionen gesprochen. Was bedeutet dies? Nun, zuerst einmal müssen wir hinnehmen, dass unser Körper durch Alter und Krankheit jederzeit verfällt. Sehen wir unsere Zellen an: Neubildung und Sterben, im Verlauf unserer Lebensjahre setzt auch hier ein langsamer - zuerst unmerklicher, später deutlich spürbarer - Zerfall ein. Wir bemerken dies an dem Nachlassen von Kraft, Energie und Ausdauer. Auch unsere Sinnesleistungen werden schwächer wie zum Beispiel unsere Sehleistung oder unsere Hörleistung.

Auch bedeutet Zerfall durch Alter und/oder Krankheit auch, dass wir mit dem Denken Schwierigkeiten bekommen; unsere Denkleistung lässt nach und verliert an Schärfe, dementielle Erkrankungen können durchaus folgen.
Soweit zu den psychologischen wie körperlichen Veränderungen.

Ein weiterer Aspekt jedoch liegt in der genauen Betrachtung des Zerfalls auf das Individuum bezogen. Wir müssen lernen, wirklich und ernsthaft Dinge abzugeben und auch bereit sein, Dinge zu lassen. Das Wort Loslassen ist hier sicherlich angebracht, wird aber gerade in buddhistischen Kreisen so inflationär benutzt, dass es seine Bedeutung tief gehender Natur schon verloren hat.

Zerfall bedeutet ein Abschied nehmen. Wir können nicht mehr an allen Dingen, die wir früher gern getätigt haben teilnehmen. Wenn wir gern im Kino gesessen haben um uns einen Film anzuschauen. dann wird irgendwann dieses nicht mehr möglich sein, oder wir essen gern Eis. Unser Geschmacksinn kann nachlassen und der Weg zum Eissalon kann schon beschwerlich werden. Ferner werden wir mit zunehmendem Alter weniger besucht, weil unsere Kinder vielleicht ihre eigenen Dinge zu regeln haben, vielleicht wird es ein Pflichtbesuch oder unsere Freunde sterben.

Abschied nehmen bedeutet auch, dass wir lieb gewonnene Hobbys oder Interessen nicht mehr nachgehen können, weil wir zum Beispiel nicht mehr gut lesen können oder unseren Vivaldi oder AC/DC nicht mehr so gut hören können. All dieses bedeutet, dass wir Abschied nehmen müssen. Etwas verlassen müssen, was uns viele Jahre lieb geworden ist.
Wenn wir alte Menschen in einem Restaurant beobachten, dann essen sie weniger; wir sagen: Seniorenteller. Wo früher ein Wohlstandsbauch war ist nun fast im hohem Alter eine zunehmende Ausgemergelung zu sehen. Auch unsere Sexualität - für viele Menschen ein wichtiges Charaktermerkmal und Identitätsstifter - lässt nach. Unsere Lust auch auf diesem wichtigen Gebiet lässt deutlich im hohen Alter nach.

Was können wir tun? In erster Linie Akzeptanz. Radikale Akzeptanz! Wir müssen lernen, anzunehmen. Alles dagegen Angehen führt nur zu noch mehr Kampf, den wir sicherlich verlieren werden!
Auch können wir mehr auf die Qualität eines Besuches achten: reden wir heilsam, führt unser Gespräch zur Befriedigung des Herzens? Wenn es uns gelingt, alle vier Wochen bei guter körperlicher Kondition ein Eis zu genießen, dann lassen wir den (eingeschränkten) Genuss zu, achtsam, beobachtend und auch wertschätzend. Denn noch können wir genießen. Noch.

Ein weiterer Faktor wäre, dass wir zunehmend liebevoller und nachsichtiger mit uns umgehen. Finden wir Frieden in uns selbst, dann ist dieses immer ein Ergebnis von Freundlichkeit im Verhältnis zu uns.  Und schließlich, wir können jetzt (!) in diesen Moment kontemplieren, dass der Zerfall eintreten wird und wir können jetzt beginnen, unser Leben liebevoller und friedlicher zu gestalten. Dieses wird den Vorteil haben, dass wir - wenn eins der Tod eintritt - mit der Gewissheit sterben, dass wir ein reiches und sinnvolles Leben geführt haben also unser Leben wirklich genutzt haben. Beginnen wir also genau in diesem Moment wirklich zu leben!

Mittwoch, 14. September 2016

Jemand, der intelligent (!) zweifelt, ist mir hundertmal lieber als zwanzig gläubige Dummköpfe. 

Dienstag, 13. September 2016

Zwei Aspekte des Geistes

Im Vajrayana, der tibetischen Form des Buddhismus, werden zwei Aspekte des Geistes unterschieden: der Erscheinungsaspekt und der Aspekt des Absoluten.

Der Erscheinungsaspekt (tib. Sem) wird als der gewöhnliche Ego Geist gesehen; er unterscheidet, hat Vorlieben und Abneigungen und ist in seiner Ausrichtung der Dualität verpflichtet.

Es ist unser Ego Geist, der Dinge haben möchte oder sie ablehnt, auch alle Emotionen wie die persönliche Liebe und der Zorn, Eifersucht, Hass und die Fähigkeit der Manipulation gehören zu diesem Aspekt des Geistes.
Damit verbunden ebenfalls das starke Leid, die Verzweifelung und all die Krankheiten unseres neurotischen, unruhigen Geistes und alles Jammern und Klagen; all der Verlust und all der Gewinn, alles an Planung und Anhaften.
Dieser Aspekt des Geistes ist  konzeptualisierend und völlig unbeständiger Natur. Er unterliegt Mustern und Denkprozessen, welche dazu führen, dass wir unterscheiden und in dualen Strukturen denken und handeln also unsere Welt nur fragmentarisch, aufgeteilt wahrnehmen und diese Fragmente bewerten. 

Hier zeigen sich unsere individuellen Konditionierungen, welche schon seit langer Zeit gebildet wurden.
Dieser Aspekt des Geistes ist dem Untergang, dem persönlichen Tod und dem Zerfall gleichsam wie der des Körper unterworfen. Wer sich an ihn klammert und sich mit ihm identifiziert, der wird bei der Auflöung des Körpers unter starker Verzweiflung und Getrenntheit leiden.

Wir müssen jedoch erkennen, dass dieser gewöhnliche Aspekt da ist und wir werden ihn zeitlebens auch unterliegen, denn er hilft uns in dieser Welt zu handeln. Gleichzeitig stellt er das ungeschliffene Basiselement dar, mit welchem wir die Befreiung erlangen können. In der Meditation wie in unserem täglichen Leben können wir Erfahrungen sammeln, nict mehr ganz so dual zu denken und zu handeln.

Der zweite Aspekt unseres Geistes wird als der Absolute Geist beschrieben. Hier geht es um die wahre Natur des Geistes (tib. Rigpa). Dieser Aspekt war nie befleckt, nie rein, unterliegt nicht der Dualität oder irgendwelchen unterscheidenden Kategorien.
Auch dem Wandel von Leben zum Tod und umgekehrt unterliegt der wahre Geist nicht. Ferner - und dies ist wichtig - ist er nicht nur auf eine begrenzte Person bezogen.
Die wahre Natur des Geistes ist nicht nur auf eine Persönlichkeit, einem Ich bezogen - sie ist die Natur von allem. Wenn wir also unsere wahre Natur des Geistes erkennen, dann erkennen wir die Wirklichkeit ohne dass es Dualität, Kategorien oder ein persönliches Ego gibt. In der wahren Natur des Geistes zu ruhen bedeutet letztendlich die Befreiung. Die Schleier lösen sich und wir sehen die Dinge so wie sie wirklich sind.

Wenn wir zum Beispiel die Wellen in einem Ozean betrachten, dann zeigen sich hier alle Aktivitäten des gewöhnlichen Aspektes unseres Geistes. Tosende Stürme peitschen die Wellen hoch, permante Bewegung und Dynamik sind die Natur und die Eigenschaften dieser Wellen.
Betrachten wir aber den Ozean selbst, dann ist dort Ruhe, die eigentliche wahre Natur des Ozeans. Unerschütterlichkeit. Stille. Die Wellen sind nur der gewöhnliche Aspekt gleichsam nur auf seiner Oberfläche befindlich. Sie sind immer in Bewegung, dem Untergang und der Neuschaffung unterworfen.

Wenn wir in der wahren Natur des Geistes ruhen, dann erkennen wir die wahre Natur des Ozeans oder die wahre Natur des Himmels. Er ist strahlend blau; die Wolken mal schwer und grau oder hell und leuchtend tangieren den Himmel nicht. So verhält es sich mit den zwei Aspekten des Geistes. Dieses zu erkennen, ist ein Ziel der Meditation.

Donnerstag, 1. September 2016

Nimm aber dem liebenden Herzen
zürnen auf ewig die Götter
(Text aus dem frühen Mittelalter)

Mittwoch, 31. August 2016

Dana - Freigiebigkeit

Wenn wir uns das Wort Freigiebigkeit anschauen, auch hier: die deutsche Sprache ist eine wunderbar exakte Sprache, so setzt sich das Wort Freigiebigkeit aus zwei Wörtern zusammen. "frei" und "Geben." 
Freigiebigkeit bedeutet also, dass wir uns frei fühlen können, etwas zu geben und dass das Geben auch bedeutet, dass wir uns befreien von Anhaftungen und Gier in all seinen Formen. Wer Freigiebigkeit übt, der wird tatsächlich frei von seinem Ego, dass ja eher die Tendenz in sich trägt, alles haben  und nichts abgeben zu wollen. 
So passiert es dann, dass wir uns beladen und schwer fühlen und es uns immer mehr Energie kostet, den Besitz zu sichern und ihn wenn möglich, zu erhalten oder ihn zu mehren. 
Manche Menschen kümmern sich ausschließlich um das liebe Geld und all den Besitz, den sie tragen. Manche ganz arme Menschen sind immens reich, gönnen sich selber  noch nicht einmal eine Kleinigkeit . Hier sehen wir, wohin dies im Extremfall führen kann: in einen neurotischen Verarmungswahn. 

Freigiebigkeit bedeutet, dass wir als menschliche Wesen eine Verantwortung besitzen, mit anderen Wesen zu teilen. Wer freigiebig ist, dessen Herz wird weit und sein Gesicht klärt sich auf und zeigt heitere und entspannte Gesichtszüge. In solch ein Antlitz schauen wir gern hinein und erfreuen uns im Umgang mit diesen Menschen. 

Freigiebigkeit hat ein erlösendes Moment. Wer frei gibt, der sieht immer auch das Wohl des anderen Mitmenschen und erfreut sein Herz daran. 
Dieses wiederum klärt seinen Geist und füllt ihn mit Freude. Wer einmal erlebt hat, dass ein bedürftiger Mensch nach einer Gabe einen Segen spricht, dessen Herz ist tief berührt und voller Dankbarkeit. 
Eigentlich ist Freigiebigkeit ein Ausdruck von Metta (liebender Güte) und Mitgefühl (Karuna).  
Wer schenkt, sei es nun Zeit, ein aufmerksames Gespräch oder eine liebevolle Umarmung - es ist völlig egal, was wir schenken - der verschenkt sich selber, verschenkt seine Liebe wie es Bhante Nyanabodhi sagt. 
Wer aber schenkt, der erhält mannigfaltigen Segen zurück. Nichts geht verloren. Für ängstliche und zum Geiz neigende Menschen ist es eine sehr gute Übung, wenn sie Geld verschenken. Packe dort an, wo es besonders schmerzt! 

Freigiebigkeit bedeutet auch, dass wir Kontakt mit unserer inneren Güte, unserer wahren Natur herstellen. Wer in solcher Art in sich ruht, der kann wahrlich nicht in den schmerzhaften Bereichen sein. Sein Leben ist den Buddhas und Erleuchtungs- wesen angenehm und nach seinem Tod erscheint er in einer Welt des Glücks wieder. 
Bedürfnislosigkeit
Ein einfaches Leben zu führen bedeutet, dass man  aus dem Joch der Erwartungen und des Anspruchdenken sich langsam befreit.  Bedürfnislosigkeit schenkt eine Freiheit vom ständigen Haben wollen und schenkt mehr Ruhe im Sturm der Gier.  Wer bedürfnisloser lebt, erkennt in vielen Dingen den großen Reichtum, gerade in den kleinen, nicht bezifferbaren Dingen unseres täglichen Lebens.  
Kühl und zum Ziele strebend
wird Leid in Glück gewahr

Und aus den Stürmen
bricht das gewährte Licht. 

Text aus dem Mittelalter

Sonntag, 28. August 2016



Aspekte eines Lehrers

Es ist nicht wichtig ob ein Lehrer Roben trägt oder hohe Titel besitzt, es ist nur wichtig, dass er oder sie ein weises und mitfühlendes Herz besitzt und authentisch lebt in Bescheidenheit, Freundlichkeit und der Durchdringung des Dharmas, der Lehre.
 Hier zeigen sich Aspekte seiner Verwirklichung. Ruhm und Macht sind für ihn billige Spielereien jedoch gibt er Hinweise aus seiner eigen Verwirklichung.

Ein Lehrer schmeichelt nicht noch ist er abweisend; er besitzt immer ein offenes Herz und Ohr um zu unterstützen. Von Dilgo Khyentse Rinpoche war bekannt, dass seine Schüler und Jedermann zu jeder Tages und Nachtzeit kommen konnten um Rat und Inspiration zu erhalten.
 Hier zeigt sich ein hoher Grad an Verwirklichung.  Sein Auftreten war stets bescheiden und liebevoll.

Wenn wir einen Lehrer suchen, sollten wir uns Zeit dafür nehmen. In einigen Texten wird empfohlen , bis zu zwölf Jahre zu prüfen. Jedoch sollte man nicht - im Westen sehr populär - seinen skeptischen Zweifel zu ernst nehmen. Ansonsten kommt man schlichtweg nicht weiter. Dann wird nicht die Suche oder die Lehre im Vordergrund stehen sondern nur unsere dauerhafte Unzufriedenheit und unser Zweifel, der letztendlich in Harm und Bitternis endet.

Freitag, 19. August 2016

Wer verzeihen kann, wessen Herz vergeben kann, der vermag nicht mehr kontrolliert zu werden."  Ngakpa
Fokus und Weite.

Übertreibungen - Untertreibungen
Zu den Redevorsätzen gehören auch die Übertreibungen und die Untertreibungen. Es ist wichtig, dass wir, wenn wir mit anderen Menschen kommunizieren, nicht aus Geltungssucht oder aus dem Gefühl, etwas besonders bunt und spannend zu schildern, Dinge ausmalen oder sie besonders dramatisch darstellen. 
Auch sollten wir nicht aus falscher Bescheidenheit untertreiben, dieses bedeutet, wir sollten darauf achten uns nicht aus koketten Gründen bescheiden zu geben obgleich wir es gar nicht sind. 
Dieses bedeutet nicht, dass wir nicht Humor oder gutmütige Ironie besitzen dürfen. Humor ist immer ein Zeichen von Reflektion und er schafft Distanz zu den Dingen. Jedoch sollte Humor nicht verletzend sein, da er dann eine andere Person erniedrigt. 

Wer übertreibt landet häufig selbst in der Falle, dass er seinem zu Grunde liegenden Denken glaubt und es dann dramatisiert. Nüchternheit ist bei den sprachlichen Vorsätzen von großer Bedeutung. 

Nüchternheit hält uns davon ab, etwas zu dramatisieren und damit in schlechte Geisteszustände zu gelangen, denn negative Gedanken haben die Tendenz, sich zu verstärken und daher müssen wir sehr gut aufpassen, welche Qualität unser gegenwärtiges Denken besitzt. 
Nüchternheit bedeutet ferner, dass wir aufhören, uns anzubiedern oder schlichtweg in einem entwürdigenden billigen Opportunismus verfallen. 
Wir schildern Dinge so, wie sie sind, bleiben bei der Wahrheit und befolgen so den Redevorsatz, dass wir nicht der  Lüge  und der Zwischenträgerei (ein schönes altes deutsches Wort für Gerüchte) anheim fallen. 
Auch haben wir bei dieser Achtsamkeit einen ruhigen Schlaf, denn uns quälen keine Reue und Schuldgefühle. Nicht zu vergessen ist die goldene Regel: "In Abwesenheit von anderen Menschen nicht negativ über sie sprechen." Ferner. "Über Tote nur das Gute."

Sprachvorsätze bedeuten, dass wir generell achtsamer sind und das Augenmerk auf die heilsame Sprache legen. So werden wir langsam Schritt für Schritt geläutert. Seien wir uns aber in erster Linie unserer Qualität der Gedanken gewahr! Es ist so wichtig! Wer in die Falle der negativen Gedanken fällt, muss sich stets bemühen und ja, man muss es drastisch ausdrücken: kämpfen (!) um nicht in eine Abwärtsspirale der Negation zu fallen. 
Negation bedeutet immer auch in letzter Konsequenz, dass wir uns selber negieren, nicht das Positive an uns bemerken oder es gleichsam zulassen. Auch dieses ist eine Form der Übertreibung. 
Hier können wir sehr klar sehen, wie wichtig es ist, nicht der Übertreibung anheim zu fallen. Untertreibung wiederum kann auch in die Negation führen, weil wir uns keinerlei Wert beimessen. Auch dieses ist eine falsche Sichtweise und trübt den Geist, da wir uns nicht wirklich zu sehen vermögen.

Donnerstag, 11. August 2016

Über das richtige Kot ablassen

In letzter Zeit haben mich zwei Schüler aufgesucht und darüber geklagt, dass sie helles Blut beim Kot ablassen bemerkt haben. Ich habe sie gefragt, ob sie denn sehr drücken würden, welches beide bejahten und dies würden sie schon seit Jahren so handhaben.

Ich habe dieses genutzt um eine kurze Belehrung zum richtigen Kot ablassen zu geben. 
Zuerst einmal: Wir sollten auch beim Kot ablassen achtsam sein und zuerst spüren, ob es notwendig ist, zur Toilette zu gehen. Dieses zeigt sich durch einen gewissen Druck im Darm, den wir schon intensiv wahrnehmen können.

Zweitens kann es wichtig sein, wenn wir uns auf die Toilette setzen, dass wir die Brille und auch die Temperatur der Brille wahrnehmen können.

Drittens, wenn wir dann unseren Kot ablassen, sollte dies in einer entspannten Haltung stattfinden, dieses bedeutet, wir drücken weder noch spannen wir den Unterbauch an. Wir sind in einer entspannten Haltung, nichts muss verändert werden.

Wir können uns vorstellen, dass wenn wir Kot ablassen, alles geistig Unreine von uns abgelassen wird und wir uns dadurch reinigen können. Kot ablassen kann sehr achtsam vollzogen werden, denn wir können zB auch die Konsistenz und den Härtegrad des Kotes durch das Ablassen achtsam erfahren. So kann harter Kot darauf hinweisen, dass wir vielleicht zu wenig getrunken haben oder unsere Nahrungsaufnahme nicht gerade förderlich für die Verdauung war. 
Wir können auch beim Urin ablassen merken, ob der Strahl stark ist, die Blase also gefüllt war oder auch, wie unser Urin riecht. Auch können wir bemerken, ob unsere Blase sich einmalig leert oder es mehrmals beim Abführvorgang passiert. Auch hier können wir visualisieren, wie alle Geistesgifte durch das Urin ablassen aus unserem Körper schwinden und wir gleichsam gereinigt sind. 

Nach dem Ablassvorgang können wir ebenfalls sehr achtsam uns säubern und dabei die Haut/Schließmuskelspalte wahrnehmen, ob es da Blutungen, Adern oder sonstiges zu bemerken gibt.

Wenn weiterhin Blut fließen sollte, sollten wir unverzüglich jedoch einen Arzt aufsuchen und ihm von diesen Problemen erzählen.

Nach dem Ablassvorgang sollten wir das WC säubern und es so zurücklassen, wie wir es vorgefunden haben. Dieses bedeutet auch, wenn wir bei Gästen sind, die Brille zu reinigen und den den WC Topf zu reinigen und den Toilettendeckel zu schließen. 
Auch können wir kurz beten, dass wir uns in guter Gesundheit befinden, denn zB Krebspatienten wären dankbar, schmerzfrei Kot oder Urin abzulassen. Wichtig ist danach, dieses Gebet abzugeben und allen Wesen zu wünschen, dass sie ohne Hindernisse und Pein den Kot und den Urin ablassen können auch in einer ruhigen Umgebung. 

Kot ablassen kann also meditativ genutzt werden durch eine offene pure Wahrnehmung. So gelingt es uns auch, bei ganz alltäglichen Vorgängen, welche wir meist nicht beachten, eine kurze Zeit der Meditation in unserem Tag einzubauen.
 
  

 

Montag, 8. August 2016

Überzeuge die Buddhas nicht durch Worte.
Überzeuge die Buddhas durch Taten. 

Überzeuge die Buddhas durch selbstlose Liebe 
für die Wesen.

Überzeuge dich vor allen Dingen selbst
denn du bist der Erzeuger aller deiner Taten. 

Sonntag, 31. Juli 2016

Dolpo Tulku - Eine einführende Biographie

von Ngakpa Jig'med Sempa 

Jugend

Dolpo Tulku Rinpoche wurde im zwölften Monat des tibetischen Eisenhahn Jahres, also 1981 unserer Zeitrechnung in Nepal als Sherap Sangpo in eine Hirtenfamilie im Dolpo Gebiet geboren. 
Dieses Gebiet ist eines der höchst gelegenen Bergregionen des Himalayas und gehört zu den höchst gelegenen Regionen der Welt in welcher Menschen siedeln. 
Die Bevölkerungszahl ist nicht sehr hoch, da das Leben sehr karg ist und jedes Nahrungsmittel der Natur abgetrotzt werden muss. So lebt die buddhistisch geprägte Bevölkerung von Getreide und Fleischerzeugnissen sowie von Tsampa, eine Art von sehr nahrhaften Würzmilch Tee. 
Einigen Quellen nach entschloss sich der junge Sherap Sangpo nach einer Begegnung mit dem Dalai Lama Mönch zu werden. Dieser Entschluss war für ihn prägend, da er sich schon seit langer Zeit zu einem spirituellen Leben hingezogen fühlte.  Der Junge war lebhaft und von großer Freundlichkeit gegenüber Menschen und auch Tieren im Wesen geprägt.

Spirituelle Ausbildung und Mönchstum

Mit ungefähr zehn Jahren wurde Sherap Sangpo als Novize im Kanying Kloster in Nepal, nahe der Ortschaft Boudha aufgenommen unter dem damaligen Abt Tulku Urgyen. 

Nachdem der junge Sherap Sangpo sich in dem geregelten Ablauf des Klosterlebens eingewöhnt hatte, wurde er einige Zeit später von Dilgo Kheyntse Rinpoche als Wiederverkörperung des Dolpo Lama Nyinchung Rinpoche erkannt. 
Der nun erkannte Dolpo Tulku wurde zur weiteren strengen Ausbildung nach Südindien gebracht, wo er unter dem bekannten Gelehrten und Meditationsmeister Penor Rinpoche in das Namdroling Kloster seine intensiven Studien fortsetzte. 
Im Jahr 1994 als 13 jähriger junger Mönch wurde er unter Beisein von 10.000 Menschen im Shechen Kloster in Kathmandu feierlich inthronisiert. Damit hatte er die spirituelle Leitung von Klöstern und Retreatzentren in der Region Dolpo übernommen. 

Im Alter von 16 Jahren wurde er in die höheren buddhistischen Studien am Nyingma Ngagyur Institut einer universitären buddhistischen Einrichtung des Namdroling Klosters weiter intensiv ausgebildet. Hier ging es vordergründig weiter im Studium der Sutra und Tantra Lehren des Buddhismus. Jedoch wurde er auch in Poesie, Literatur, tibetische Geschichte und Psychologie ausgebildet. 

Im achten Studienjahr wurde er zum Junior Lehrer ernannt, da er eine umfassende Bildung in den oben erwähnten Bereichen erlangt hatte. Neben dem theoretischen Wissen sammelte er durch genaue Beobachtung auch ein großes Erfahrungswissen, denn im Buddhismus wird beides gleich wichtig angesehen. 
Zu den Aufgaben eines Junior Lehrers gehörte auch die Editoren Tätigkeit für alle Publikationen des Klosters. Dolpo Tulku Rinpoche wurde Mitarbeiter des Rigzod Editorial Kommittee und betreute die umfangreiche Herausgabe des Namdroling Klosters.

Im Jahr 2007 beendete Dolpo Tulku seine buddhistischen Studien mit ungefähr 26 Jahren und wurde ab diesem Zeitpunkt zum Lehrer am Ngagyur Nyingma Institut berufen. 
Den Thron seiner drei Klöster bestieg Dolpo Tulku Rinpoche im Sommer 2008. 
Die Klöster heißen DhoTarap, Saldang sowie das Kloster Namgung und liegen in der Dolpo Region und sind heute noch als spirituelle Zentren der Region von eminenter Bedeutung.

Gegenwart (ab dem jahr 2008)

Dolpo Tulku besitzt eine weltweit wachsende Schülerschaft in vielen Ländern der Welt, welche er durch eine intensive Reisetätigkeit betreut. Im deutschsprachigen Raum aber auch in anderen Ländern übersetzt Daniela Hartmann aus dem nepalesisch-tibetischen in Deutsch und Englisch. Sie hat eine enge Schülerbeziehung zu Dolpo Tulku und begleitet ihn auf seinen Reisen. 
So soll in Deutschland  im Raum München ein "Dolpo Haus," ein Zentrum für Meditation und Kultur entstehen. Ferner gibt es einen Verein, der die Arbeit von Dolpo Tulku unterstützt.

Im Jahr 2010 kam in Deuschland der Film "Dolpo Tulku - Heimkehr in den Himalaya" in ausgewählten Kinos heraus und ist auch als DVD erhältlich. Hier wird ein guter Einblick in die Kultur, der Landschaft und in die Person Dolpo Tulku Rinpoches gewährt.  Ferner ist in deutscher Sprache das Buch "Der kleine buddhistische Lebensberater" im Kailash Verlag erschienen. 

Soziales Engagement

Dolpo Tulku Rinpoche kultiviert im besonderen Maße Mitgefühl (Karuna). Dieses, so betont er, muss sich nicht nur in Gedanken sondern vor allen Dingen in Taten zum Ausdruck kommen. 
Bei den schweren Erdbeben in Nepal im Jahr 2015 engagierte er sich besonders für die Erdbebenopfer und stellte Behausungen, psychologische wie soziale Hilfen bereit und unterstützte die dringend benötigte medizinische Behandlung der Bevölkerung in Nepal und im Besonderen im Dolpo Tal, welches sehr abgelegen ist und nur schwer erreichbar.
Auch unterstützt er Schulprojekte und den Straßenbau um die Region besser, besonders im Winterhalbjahr zu erschließen. 
In Deutschland gibt es einen gemeinnützigen Verein, den Dolpo Tulku e. V. 
Der Verein unterstützt die Reisetätigkeit in Deutschland sowie die oben aufgeführten kulturellen und sozialmedizinischen Projekte in Nepal. 
International bündelt die Dolpo Tulku Charitable Foundation die verschiedenen Projekte.

Persönlichkeit

Dolpo Tulku Rinpoche zeichnet sich durch eine hohe Gelehrsamkeit aus. Auch eine Ernsthaftigkeit in der Darlegung des Dharmas, der buddhistischen Lehre ist deutlich erlebbar. Jedoch ist ihm auch ein hintergründiger Humor anzumerken und ein mitfühlendes Herz. Dieses bringt er besonders durch seine Menschen- und Tierliebe zum Ausdruck. Dolpo Tulku ist Vegetarier, wie viele, jedoch nicht alle tibetischen Rinpoches. Er ist sehr Energie geladen und unterrichtet ebenfalls tibetisches Yoga.  

Empfehlenswerte Informationen

Verein: Dolpo Tulku e. V.
www.dolpotulku.de

Literatur: Der kleine buddhistische Lebensberater, Kailash Verlag

Dolpo Tulku - Heimkehr in den Himalaya, DVD, 2010 


 


 

Freitag, 22. Juli 2016

Schöheit im Vergänglichem.

Mingyur Rinpoche zur Ngöndro

"Wir begreifen, dass wir uns für eine wirkliche Beendigung des Leidens nicht auf äußere Phänomene verlassen können - ganz gleich ob wir uns in den Höllen der Wut oder im Urlaub in einem Fünfsternehotel befinden."
Avalokiteshvara.
Nüchternheit
Weltliche Dinge haben immer eine relative Bedeutung. Eine relative Bedeutung beinhaltet ebenfalls, dass die Dinge niemals so scheinen, wie sie wirklich sind. Einschätzungen, Meinungen und Bewertungen sind rein weltlicher Natur, das bedeutet, sie sind vorläufiger Natur. Vorläufig bedeutet, dass sie von Grund auf Phänomene sind; sie entstehen, bleiben und "leben" ein wenig um dann zu entschwinden oder sich zu verändern. 

Es ist eine wichtige Betrachtung und Erkenntnis, dass wir diese weltlichen Phänomene (Dhammas) nicht überhöhen sollten. Eine Überhöhung ist oftmals ein aus dem Ruder gelaufener überbordender Idealismus. Wer sich diesem Idealismus unterwirft, kann in Gefahr geraten, an seinen Idealen zu zerschellen! 
Wenn wir eine Person, eine Idee oder eine politische wie religiöse Entität auf einen Thron setzen, dann wird zwangsläufig ein Konflikt eintreten, denn die Dinge ändern sich nun einmal. 
Wenn dann unser weltlicher Idealismus nicht genau so befriedigt wird, wie wir es erwarten, dann werden wir enttäuscht, die Täuschung wird aufgehoben - welches erst einmal sehr hilfreich ist, da sie die Klarheit in unseren Geist zurück bringt - und wenn wir dann nicht genau aufpassen, vermag die Enttäuschung aus Kränkung (Ego) schnell in Hass und Übelwollen zu gleiten. 

Hier ist dann der Punkt erreicht, wo aus Idealisten Zyniker werden! 

Nüchternheit (Sobriety), körperlich wie geistig sind sehr wichtige Faktoren der Achtsamkeit (Sati). Sie verhindern, dass wir in einer Welt von übereifrigen Emotionen und Gehringespinsten leben. Im Zen Buddhismus und bei den tibetischen Lehrern wird häufig gesagt, dass wir uns nicht so wichtig nehmen sollten. Nüchternheit in der Betrachtung unserer eigenen Person kann hier eine positive Demut bewirken. Große Lehrer des Buddhismus leben einen bescheidenen Lebenswandel und treten liebevoll-zurückhaltend auf, oftmals mit einem hintergründigen Humor. 

Übertreibungen sind zu vermeiden. Wer stetig dazu neigt, zu übertreiben, der füttert letztendlich sein Ego. Weltuntergangspropheten und Ideologen haben immer schon ein unheilsames Wirken verursacht. Oftmals Menschenfängerei.
Es ist nicht so wichtig, wann und in welchem Stadium der Zustand der Welt ist und genau wann sie untergehen wird, es ist nur entscheidend im JETZT liebevoll zu handeln und dort zu helfen, wo es nötig ist und sein Herz zu kultivieren. Auch zukünftige soziale Paradiese scheitern meistens an dem eigenen Geist, welcher von Gier, Hass und Machtstreben einzelner gekennzeichnet sein kann. 
Auch ist es nicht förderlich, unsere Vorstellungen einer idealen Gesellschaft auf andere Menschen zu übertragen. Ideologien scheitern. Was nützt das Denken über die Zukunft; es kommt immer anders. Wenn wir ein liebevolles Herz besitzen, dann ist uns der Weltuntergang recht egal, da wir unser Herz stetig mit Liebe gefüllt haben und es nichts zu Bedauern gibt. Man geht in Frieden. 
Nach buddhistischer Lehre gibt es jedoch auch einen überweltlichen "Idealismus." Es sind die die Zufluchtnahmen. Wir nehmen zum Buddha, dem Dharma, der lehre des Buddha und zur Gemeinschaft der edelen (Aryas) Praktizierenden Zuflucht. Dieses sind Ideale, die uns helfen, uns weiter zu entwickeln. Sie führen in das Überweltliche, da sie unsere geistigen Fähigkeiten kultivieren und absolute Werte wie die 4 Unermesslichen wie Maitri (liebevolle Güte). Mudita (Mitfreude), Karuna (Mitgefühl) und Upekkha (Gleichmut) fördern. Wir besitzen somit ein Ziel! Theoretisieren bringt hier nichts. Es sind praktische Übungen, welche uns langsam verändern. Letzendlich bedeutet Zufluchtnahme Zuflucht zu unserer eigenen unerschütterlichen Gutheit zu nehmen, wie es mein Lehrer Mingyur Rinpoche ausdrückt. 

Zufluchtnahme kann Ausdruck und Essenz eines sinnvollen spirituellen Lebens sein und führt unter anderem zu dem überweltlichen Pfad, da diese Werte nicht relativer Natur sind.
Sich selbst auch im spirituellen Leben richtig und klar einzuschätzen bedeutet, dass wir eine gesunde Nüchternheit entwickeln, welche von einem falschen Idealismus Abstand nimmt.

 

Mittwoch, 13. Juli 2016

Sitzen
Weshalb sitzen wir? Was ist der Sinn, dass wir täglich sitzen? Wofür ist dies wichtig? Was ist unser Ziel zu sitzen? Warum machen wir dies eigentlich Tag für Tag? Welchen Gesundheitseffekt besitzt Meditation?
Fragen!
Die bekannten "W-Fragen."
Es ist nicht sinnvoll, sich diese Fragen zu stellen. Sie führen dazu, dass wir unseren Geist mit stets neuen weiteren Fragen füllen und doch keine Lösung finden. Sinnlose Beschäftigung. Unser Affengeist springt von Baum zu Baum, nimmt dort eine Banane und dort schnuppert er an einer Blüte, stets unruhig, stets auf Neues erpicht und doch ständig ruhelos. 
Die W-Fragen können auch dazu dienen, dass wir uns sinnlos quälen. Wir versuchen, mit Gewalt etwas zu ergründen was stets von Minute zu Minute von Tag zu Tag neue "Lösungen" offeriert. Immer neues Grübeln, immer mehr Verwirrung, immer mehr intellektuelle Spiele. Keine Lösung durch unser Gehirn. Stetige Veränderung. Keine endgültigen Lösungen.
Sitze. Wenn die W-Fragen auftauchen, erkenne sie als bloße gedankliche Konstrukte; erkenne sie als das, was sie sind: Ablenkungen. Sie dienen ausschließlich dazu, dich zu verwirren und verhindern schlichtweg, einfach nur zu sein.
Abt Muho, ein Zen Meister, spricht hier davon, dass wir einfach sein und einfach zur Ruhe kommen sollen. Gedanken sind Gedanken, mehr nicht. Emotionen sind Emotionen, mehr nicht. Wir können sie nicht abstellen, wir können sie auch nicht unterdrücken. Was wir jedoch "tun" können ist, sie einfach zuzulassen und ihnen nicht weitere Aufmerksamkeit zu widmen. Einfach sitzen. 

Sonntag, 3. Juli 2016

Koyaanisqatsi
Das Wort stammt von den Hopi Indianern und bedeutet so viel wie: "Welt, die aus dem Gleichgewicht gekommen ist," oder schlichtweg "Hybris."

Kriege, Ungleichheit, Armut, Ausbeutung, Sklaverei, Umweltverschmutzung, eine Zunahme von Angst und Depressionen, Vereinsamung, menschliche Kälte und die immer mehr werdenden Süchte, all dies bedeutet Koyaanisqatsi. 

Es hilft nicht, zu Moralisieren! Wir müssen bei uns selber anfangen, gute Bedingungen für den Fortbestand dieser Welt zu bilden. Wenn wir und beklagen, wie schlecht doch die Welt geworden ist, dann bedeutet dies, dass wir wenig Mitgefühl für das Leiden der Welt besitzen und ferner, dass wir aus dem Jammern und Beklagen nicht heraus kommen und nichts, wirklich nichts zum Heile der Welt beitragen. 

Wenn Koyaanisqatsi den Zustand dieser Welt beschreibt, dann liegt es an jedem einzelnen Menschen, Trost, Hilfe und Mitgefühl zu geben. 
Anders ausgedrückt: Wir müssen wach bleiben und unsere eigene Ethik wieder in den Mittelpunkt unseres Lebens und unseres Handelns zu stellen. Wir müssen etwas tun. Jammern und Klagen verstärkt die geistige Faulheit! 
Hören wir auf damit und sehen wir nüchtern, was wir in unserem Mikrokosmos tun können. 

Nicht das große Polemisieren, nicht das Verschieben, dass doch die Politiker, die Wirtschaft oder die Ideologie schuldig seien; sie sind nur Spiegel unseres eigenen Geistes, von unserem Geist geschaffen. 
Es ist wichtig, eine Haltung des Mitgefühls für uns selber zu entwickeln, denn nur derjenige, der liebevollen Kontakt zu sich besitzt, derjenige vermag auch wirklich zu einem liebevollem Handeln zu anderen Menschen und Tieren zu gelangen.

Beginnen wir bei uns selbst; handeln wir nicht mit der Motivation des Moralisierens sondern beginnen wir unser Augenmerk darauf zu richten, mit einem Herzen aus Freundschaft zu den Wesen, der Zurückhaltung von übersteigerten Emotionen und dem Mut zu handeln.  

Dharma, die buddhistische Lehre, zu üben bedeutet einerseits Zeiten des Rückzuges andererseits auch niemals die Sicht, wie es im Dzogchen heißt, zu verlieren. Die Sicht ist unsere individuelle Praxis der Ethik, das gute und förderliche Handeln zum Wohl der Wesen auszuüben. 
Verlieren wir die Sicht, dann ist unsere Praxis in Gefahr zu verflachen und die unheilsamen Kräfte können wieder Wurzeln in unserem Geist fassen. 
Deshalb ist es immer wichtig, unsere Motivation zu überprüfen und dann lauter und absichtslos zu handeln.
 
 

Sonntag, 26. Juni 2016

Die Nähe der Geduld zum Gleichmut
Wer Geduld übt, der lernt die Dinge zu ertragen; er erduldet sie gleichsam. Es scheint ein Zeichen unserer Zeit zu sein, dass wir stets ungeduldig und unruhig sind. Die Folgen sind auch körperlich gut wahrzunehmen: Stress, Blutdruck und Herzprobleme sind einige der Phänomene, welche wir des Öfteren beobachten können. 
Der Ausweg im spirituellem Leben ist die Achtsamkeit, Geduld zu lernen, sich darauf einzulassen.
Unser Leben ist nicht nur ein pausenloser Wunscherfüller. Es geht mitunter einiges schief und dieses bedeutet, dass wir aufpassen müssen, dass wir nicht ungeduldig und ärgerlich reagieren. 

Denn: Ungeduld und Ärger liegen recht nahe zusammen sowie Geduld und Gleichmut.  

Wenn wir uns also in Geduld üben, dann lassen wir uns Zeit, dass die Dinge sich entwickeln können, wir nehmen nicht gleich Einfluss auf jedes Phänomen. Die Stoa, eine griechische antike Philosophenschule spricht ähnlich wie der Erhabene darüber, dass wir nicht alles kontrollieren können und nur - letztendlich - wenig Macht (Epiktet) über die Phänomene besitzen. 
Wer Geduld besitzt, der übt sich im Warten. Unser Leben ist nicht dazu da, dass alle Wünsche unmittelbar erfüllt werden müssen. Auch wenn dieses so wäre, würden wir trotzdem mit immer neuen Wünschen konfrontiert. Denn ist ein Wunsch erfüllt, erscheinen nach kurzer Zeit in unserem Geist eine Unzahl weiterer Wünsche und Begierden. Es muss doch etwas geben, was noch mehr Genuss verspricht und es muss doch noch ein moderneres technisches Spielzeug zu erwerben sein. All dies bedeutet jedoch nicht, dass es ein dauerhaftes Glück und Wohlbefinden gibt.

Warten können bedeutet, dass wir nicht dem Impuls des sofortigen Haben wollens unterliegen. Wir treten ersteinmal zurück. Wir versuchen, einen klaren Kopf zu erhalten. Wenn wir geduldig sind, wird sich manche Begierde wieder ernüchtern. 
Falls wir jedoch wirklich etwas  Erstrebenswertes betrachten, können wir die alte Tugend des Sparens wieder einführen und dann ist die Freude in der Regel etwas länger andauernd. Doch auch dies ist nicht von Dauer.  Wir müssen uns nur klar bewusst werden, dass uns letztendlich nichts in diesem Leben befriedigen wird, welches durch Gier, Übelwollen oder ignoranter Verdrehtheit verursacht wurde.

Geduld bedeutet, Dinge zu ertragen, welche wir nicht ändern können. Still. Ohne Klagen. Ohne Jammern. Wenn wir eine tödlich verlaufende Krankheit haben sollten, dann sind körperliche Schmerzen gut zu händeln. Unser Geist wird unruhig, verzweifelt, ruhig, ärgerlich und vielleicht mit Reue erfüllt sein. In solchen Fällen ist die Übung der Metta-Bhavana zu empfehlen, der Übung der liebevollen Güte, im Besonderen für sich selbst. 
Letztendlich müssen wir aber den Tod erdulden. Sterben ist nicht angenehm. Wir müssen uns darauf vorbereiten und vielleicht JETZT schon das immer mehr Wünschen einschränken. Wir müssen alles verlassen, wir müssen den Zerfall des Körpers und des Geistes erdulden; nichts wird dieses aufhalten können!

Viele Dinge sind zu erdulden: Eine Liebe vergeht, wir können nichts ändern, wir haben keine Macht darüber, eine Krankheit nimmt uns unseren geliebten Partner, chronische Schmerzen müssen wir lernen zu erdulden, eine Grippe müssen wir erdulden und wir können unseren Job jederzeit verlieren. Nicht jeder Pein muss sogleich mit Medikamenten bekämpft werden; nicht jedes Ungemach mit Verdrängung und Psychopharmaka. Wenn wir diesen Weg beschreiten, dann können wir sogleich in Gefahr geraten, dass wir nicht wirklich in einem Lernprozess eintreten. Aber unser Leben ist ein Lernprozess. Wenn wir jedoch auf alles gleich ärgerlich und ungeduldig reagieren, dann wird unser Leben zu einer selbst geschaffenen Hölle. Dieses können wir vermeiden! Hierüber besitzen wir Macht! Wir können an unseren Einstellungen geduldig arbeiten. Denn Hoffnung und geistige Weiterentwicklung sind immer möglich. 

Somit ist die Übung der Geduld förderlich, denn wir erkennen an, dass alle Phänomene gleichsam nur eine relative Dauer besitzen und dass Ernüchterung und Zurückhaltung uns wirkliche Freiheit geben können. Hier treffen sich Gleichmut und Geduld. Machen wir uns geduldig auf dem Weg.

Mittwoch, 15. Juni 2016





Reise nach Gent.

"Himmel bedeutet, dass alles so läuft wie du es möchtest
Hölle bedeutet, dass nichts so läuft, wie du es wünscht."
Dr. Alfred Weil, Theravada Buddhist.
Der Sinn des Lebens ist dort zu finden, wo unser Herz gestillt ist.
 Ngakpa Jig'med Sempa
Veänderung
Tod
Als ich vor einigen Tagen zur Akademie unterwegs war sah ich eine zirka 5cm große Eidechse auf dem Bürgersteig liegen. Es war ganz banal: Da lag einfach ein kleines, totes Tier - so wie es sekündlich Milliardenfach auf diesem Planeten passiert. Völlig normal, völlig ohne Besonderheit. Gleichzeitig werden Milliarden von Wesen geboren; in der gleichen Sekunde. Auch dies völlig normal und nichts Besonderes. Und trotzdem, ich sah diese kleine Eidechse an der Bushaltestelle liegen und habe mich vor ihr verbeugt. Ich habe ihr ein gutes Wiedererscheinen gewünscht. Eine Gelegenheit, über den allumfassenden Tod nachzudenken und trotzdem voller Liebe zu sein. Mein wundes, mitfühlendes Herz diesem Moment zu öffnen.
Wer achtsam ist, sieht Veränderung und Tod überall; er sieht jedoch auch, wie alles neu erscheint: die Blüten öffnen ich, die Sonne bricht durch die Wolken hervor und eine Spinne hat ganz viele Jungspinnen im Netz. 
Unsere Gedanken kommen und gehen und wir wissen weder, wohin sie gehen noch wissen wir, wo und wie sie entstanden sind. Veränderung. Banal. Nichts Besonderes. Nichts Heiliges, nur schlicht Veränderung. Verbleiben wir bei diesem Gewahrsein und achten wir das Leben wie den Tod.  

Montag, 6. Juni 2016

Niederwerfungen (Prostration)
Wenn wir uns niederwerfen, dann bedeutet dies, dass wir freudig anerkennen, dass es etwas Größeres hinter der Enge unseres Ego gibt. 
Freudig deshalb, weil es eine Hoffnung gibt, dass wir den Ego Käfig verlassen können und nicht mehr Sklave unseres Begehrens, unserer Abneigung sowie unseres Nicht-Wissen-Wollens sind. 

Indem wir den edlen Achtfältigen Pfad beginnen zu beschreiten, verringert sich unser Sklavendasein. 
Wer sich niederwirft, schafft in sich eine Haltung des Respekts und der liebevollen Hingabe den Buddhas gegenüber; er zeigt, dass er bereit ist, Samsara zu verlassen und die Übung aufzunehmen. 

Niederwerfungen sollten in Stille, mit angemessener Ruhe und ohne Leistungsdruck vollzogen werden. Was nützt es dir, wenn du dir vornimmst einhundert Niederwerfungen am Tag zu machen, bist aber nicht bei einer präsent und verehrst die Buddhas? Dann werden die Niederwerfungen zu einem Leistungssport ohne dass sie die innere Haltung und  die wirkliche Freude wiederspiegeln.

Achte stets darauf, wie deine körperliche Verfassung ist; übernimm dich nicht, sei aber auch nicht nachlässig. Wenn Du nur eine Niederwerfung am Tag, jedoch präsent und voller Hingabe durchführst, dann ist dies ein Zeichen der wahrhaftigen Hingabe.  

Prostrationen können vor oder nach einer formellen Meditation vollzogen werden; traditionell wirft man sich drei Mal nieder; vor dem Buddha, dem erhabenen Lehrer, vor dem Dharma, dem guten Gesetz und vor dem Arya-Sangha, der Gemeinschaft der (edlen) Schüler. 

Niederwerfungen sollten immer ein Ausdruck der Liebe und der Hingabe sein; nachdem wir meditiert haben und die Niederwerfungen durchgeführt haben, behalten wir diesen Verdienst nicht für uns sondern wir widmen ihn einer Person oder einem Tier das leidet oder wir geben den so erworbenen Verdienst zum Wohle aller Wesen ab.
Hierdurch wiederum bringen wir unsere Dankbarkeit und unsere Großzügigkeit zum Ausdruck.


Montag, 30. Mai 2016

Das Schöne im Vergänglichem.

Inneres Schweigen - äußeres Schweigen
Wenn wir das Wort "Schweigen" betrachten, dann ist dies in unserer heutigen, von Medien und sozialen Netzwerken geprägten Welt ein sehr seltenes Phänomen. Es ist doch erstaunlich, dass wir permanent dazu aufgefordert werden, unsere "Meinung" zu sagen. Diese sei sehr geschätzt und es gibt auf den sozialen Netzwerken oftmals große Diskussionen und jeder fühlt sich berufen, seine wichtige Stimme zu erheben. Dabei kommen  zum Teil erregte und mitunter haßvolle Kommentarschleifen heraus, denn das Wesen von Meinungen ist, dass jeder Meinungsinhaber meint, seine Meinung sei die einzig richtige Meinung. Naturgemäß sehen das andere Meinungsinhaber anders und so kommt es zu Beschimpfungen und oftmals zu starken Konflikten. 
Auch wenn wir "anspruchsvollere" Radiosender einschalten, gibt es dort eine ungeahnte Anzahl von Sendungen, die ausschließlich von der Beteiligung der Hörer und ihrer Meinungen leben.
Zu allen Themen müssen wir uns äußern und manches Mal ist dies erheiternd und oftmals schlichtweg peinlich. 

Wie passt dann Schweigen in diese aufgeheitzte Welt?

Schweigen ist das Gegenteil von aufgeheizt; es ist wohltuend kühl. Schweigen bedeutet, dass wir unseren Affengeist zähmen. Dieser springt von Ast zu Ast und schreit völlig überhitzt seine Meinungen und Ansichten heraus. Schweigen ist Zurückhaltung !  Wir bändigen diesen unruhigen, fiebrigen Geist und enthalten uns, sofort unsere Meinung mitzuteilen. Wir haben Geduld. Wir können warten. 
Wenn wir diese Haltung einüben, erkennen wir vielleicht durch ein wenig Abstand zum Geschehen, dass wir gar nicht zu allem unsere Meinung haben müssen und gar nicht so wichtig sind, wie dies unser brabbelnder Affengeist so gern hätte. 
Wer sich nicht so wichtig nimmt, lebt angenehm entspannt. Wir erhalten zunehmend das Geschenk der Gelassenheit. Gelassenheit kommt vom Lassen. Eine Folge dieser Gelassenheit kann ein immer reduzierter Medienkonsum sein. "Ah..., wie entspannend!," wird mancher dann merken. Wir beginnen uns auf den Weg zum Schweigen zu begeben. 

Enthaltsamkeit führt zum Schweigen. 

Wir können zwei Arten von Schweigen benennen: 

Das äußere Schweigen bedeutet, dass wir - wie oben bereits aufgeführt - immer mehr Abstand vom Lärm der Welt nehmen. Wir enthalten uns unserer Meinung und wir beginnen langsam unseren wilden Boulevard liebenden Affengeist zu zähmen. 
Wir müssen nicht überall dabei sein noch müssen wir permanent ein Meinungsinhaber sein. Dieses "ich auch, ich auch, meine Meinung ist wichtig" hat mitunter etwas Vulgäres an sich. Zum äußeren Schweigen gehört auch der Rückzug, ein freiwilliges Aufgeben von Beteiligung an den Themen der Welt. 

 Ist schon jemals ein Mensch durch Politik glücklich geworden? 

Zum äußeren Schweigen gehört auch, dass wir auf Überredung und Manipulation verzichten. Wir können Dinge so stehen lassen und wir brauchen nicht immer so auf ein Ziel ausgerichtet sein, dass wir, um dieses Ziel zu erreichen, Techniken der Beeinflussung anwenden. Fixierung ist Einengung. Einengung führt wiederum zu einer selektierten Weltwahrnehmung und bahnt damit der Ideologie und Intoleranz den Weg.

Das innere Schweigen vollzieht sich in der Meditation. Wenn unsere Gedanken wie ein wilder Fluss vor uns rauschen und starke Emotionen uns peitschen, dann können wir langsam lernen, nicht mehr darauf einzugehen, nicht mehr mitzureden, langsam unsere Identifikationen zu lösen. Inneres Schweigen bedeutet, dass wir zur Stille gelangen. Unser Affengeist mit seinem Boulevardtheater und den damit verbundenen Dramen und Soap Operas interessiert uns immer weniger. Wir antworten nicht mehr. Wir erlauben keinen Zutritt. 
Inneres Schweigen bedeutet eine Gestilltheit und eine damit verbundene Zufriedenheit. Alle Phänomene, mögen sie auch noch so farbig und unterhaltsam sein, werden nur mit einem Gewahrsein bemerkt, ohne dass wir auf sie eingehen und mitreden. Enthaltung vom Mitreden ist ein Beginn des inneren Schweigen. Langsam wenden wir uns ab von diesem schmierigen und recht billigen Theaterstück. Wir verlieren das Interesse. Wir werden zunehmend freier und atmen die kühle Luft anstatt in einem überhitzen Theater zu sitzen und benommen zu sein.

Schweigen bedeutet, dass wir uns der W-Fragen enthalten. Wir fragen nicht mehr nach einem "Wie, Weshalb und Warum." Unser Geist wird gestillt. 

Das Wichtigste ist, dass wir uns erinnern wenn wir uns im täglichen Leben vom Boulevard davon treiben lassen. Manches Mal genügt schon ein kurzer Augenblick des Innehaltens und die Erinnerung an das simple, doch so tiefgründige Wort: Schweigen.