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Montag, 30. Mai 2016

Das Schöne im Vergänglichem.

Inneres Schweigen - äußeres Schweigen
Wenn wir das Wort "Schweigen" betrachten, dann ist dies in unserer heutigen, von Medien und sozialen Netzwerken geprägten Welt ein sehr seltenes Phänomen. Es ist doch erstaunlich, dass wir permanent dazu aufgefordert werden, unsere "Meinung" zu sagen. Diese sei sehr geschätzt und es gibt auf den sozialen Netzwerken oftmals große Diskussionen und jeder fühlt sich berufen, seine wichtige Stimme zu erheben. Dabei kommen  zum Teil erregte und mitunter haßvolle Kommentarschleifen heraus, denn das Wesen von Meinungen ist, dass jeder Meinungsinhaber meint, seine Meinung sei die einzig richtige Meinung. Naturgemäß sehen das andere Meinungsinhaber anders und so kommt es zu Beschimpfungen und oftmals zu starken Konflikten. 
Auch wenn wir "anspruchsvollere" Radiosender einschalten, gibt es dort eine ungeahnte Anzahl von Sendungen, die ausschließlich von der Beteiligung der Hörer und ihrer Meinungen leben.
Zu allen Themen müssen wir uns äußern und manches Mal ist dies erheiternd und oftmals schlichtweg peinlich. 

Wie passt dann Schweigen in diese aufgeheitzte Welt?

Schweigen ist das Gegenteil von aufgeheizt; es ist wohltuend kühl. Schweigen bedeutet, dass wir unseren Affengeist zähmen. Dieser springt von Ast zu Ast und schreit völlig überhitzt seine Meinungen und Ansichten heraus. Schweigen ist Zurückhaltung !  Wir bändigen diesen unruhigen, fiebrigen Geist und enthalten uns, sofort unsere Meinung mitzuteilen. Wir haben Geduld. Wir können warten. 
Wenn wir diese Haltung einüben, erkennen wir vielleicht durch ein wenig Abstand zum Geschehen, dass wir gar nicht zu allem unsere Meinung haben müssen und gar nicht so wichtig sind, wie dies unser brabbelnder Affengeist so gern hätte. 
Wer sich nicht so wichtig nimmt, lebt angenehm entspannt. Wir erhalten zunehmend das Geschenk der Gelassenheit. Gelassenheit kommt vom Lassen. Eine Folge dieser Gelassenheit kann ein immer reduzierter Medienkonsum sein. "Ah..., wie entspannend!," wird mancher dann merken. Wir beginnen uns auf den Weg zum Schweigen zu begeben. 

Enthaltsamkeit führt zum Schweigen. 

Wir können zwei Arten von Schweigen benennen: 

Das äußere Schweigen bedeutet, dass wir - wie oben bereits aufgeführt - immer mehr Abstand vom Lärm der Welt nehmen. Wir enthalten uns unserer Meinung und wir beginnen langsam unseren wilden Boulevard liebenden Affengeist zu zähmen. 
Wir müssen nicht überall dabei sein noch müssen wir permanent ein Meinungsinhaber sein. Dieses "ich auch, ich auch, meine Meinung ist wichtig" hat mitunter etwas Vulgäres an sich. Zum äußeren Schweigen gehört auch der Rückzug, ein freiwilliges Aufgeben von Beteiligung an den Themen der Welt. 

 Ist schon jemals ein Mensch durch Politik glücklich geworden? 

Zum äußeren Schweigen gehört auch, dass wir auf Überredung und Manipulation verzichten. Wir können Dinge so stehen lassen und wir brauchen nicht immer so auf ein Ziel ausgerichtet sein, dass wir, um dieses Ziel zu erreichen, Techniken der Beeinflussung anwenden. Fixierung ist Einengung. Einengung führt wiederum zu einer selektierten Weltwahrnehmung und bahnt damit der Ideologie und Intoleranz den Weg.

Das innere Schweigen vollzieht sich in der Meditation. Wenn unsere Gedanken wie ein wilder Fluss vor uns rauschen und starke Emotionen uns peitschen, dann können wir langsam lernen, nicht mehr darauf einzugehen, nicht mehr mitzureden, langsam unsere Identifikationen zu lösen. Inneres Schweigen bedeutet, dass wir zur Stille gelangen. Unser Affengeist mit seinem Boulevardtheater und den damit verbundenen Dramen und Soap Operas interessiert uns immer weniger. Wir antworten nicht mehr. Wir erlauben keinen Zutritt. 
Inneres Schweigen bedeutet eine Gestilltheit und eine damit verbundene Zufriedenheit. Alle Phänomene, mögen sie auch noch so farbig und unterhaltsam sein, werden nur mit einem Gewahrsein bemerkt, ohne dass wir auf sie eingehen und mitreden. Enthaltung vom Mitreden ist ein Beginn des inneren Schweigen. Langsam wenden wir uns ab von diesem schmierigen und recht billigen Theaterstück. Wir verlieren das Interesse. Wir werden zunehmend freier und atmen die kühle Luft anstatt in einem überhitzen Theater zu sitzen und benommen zu sein.

Schweigen bedeutet, dass wir uns der W-Fragen enthalten. Wir fragen nicht mehr nach einem "Wie, Weshalb und Warum." Unser Geist wird gestillt. 

Das Wichtigste ist, dass wir uns erinnern wenn wir uns im täglichen Leben vom Boulevard davon treiben lassen. Manches Mal genügt schon ein kurzer Augenblick des Innehaltens und die Erinnerung an das simple, doch so tiefgründige Wort: Schweigen.
 


 

Sonntag, 22. Mai 2016

Mingyur Rinpoche: Dankbarkeit
In einer Belehrung sprach Yongey Mingyur Rinpoche über seine Erfahrungen zum Beginn seines mehrjährigen Retreats. Ziel eines Retreats ist es, sich selber besser kennen zu lernen und auch seine individuelle Praxis zu vertiefen. So begann Rinpoche damit, dass er auf der Straße lebte und dies ist in Indien nicht immer leicht. Neben einigen Schwierigkeiten bekam er durch Durchfall und Wassermangel in eine lebensbedrohliche Lage. Er schildert diese intensive Erfahrung sehr eindringlich und auch sein - wir würden im Westen sagen - Nahtoderlebnis.
In klaren Worten beschreibt Rinpoche seine Bereitschaft, den Tod anzunehmen und sich ihm zu stellen. Er nahm eine Praxis auf, die eine Todes Meditation darstellte und hatte intensive Erfahrungen hierdurch gesammelt. Letztendlich ist er in dem Krankenhaus, in welches er gebracht wurde, nicht verstorben und hat sein Retreat weiter fortgesetzt.
In seiner Belehrung schilderte Rinpoche ein Ergebnis dieser Erfahrungen: Sei dankbar! Erwarte nichts! Sei von grundlegender Offenheit!
Den Aspekt der Dankbarkeit hob Mingyur Rinpoche in besonderer Weise hervor. So sprach er davon, dass wir dankbar sein könnten, zu atmen. Was dies für ein Geschenk sei. Auch, dass wir hören, schmecken und riechen können und schließlich auch, dass wir wahrnehmen können. Oftmals nehmen wir diese Dinge als selbstverständlich an. Sie sind es jedoch nicht und können durch einen Unfall oder durch eine Krankheit schnell der Veränderung und Einschränkung unterliegen.
Als ich im Krankenhaus für längere Zeit mit meiner lebensbedrohliche Erkrankung lag, wurde mir klar, was für eine Kostbarkeit ein funktionierender menschlicher Körper ist.
Während der ersten Operationen wurde von Seiten der Ärzte diskutiert, ob man mein Bein amputieren musste, da sich durch eine Phlegmone und einem Kompartment Syndrom circa 1 Liter Eiter in meiner rechten Wade angesammelt hatte und eine Sepsis ausgebrochen war. Eine auch für mich intensive Erfahrung.

Nach sieben Operationen wurde das Bein gerettet und es brach eine lange Zeit der Heilung an. So saß ich einige Wochen im Rollstuhl, konnte nicht ohne fremde Hilfe mich aufrichten noch auf die Toilette gehen. Eine schwierige Zeit.
Wenn ich heute auf diese Zeit zurück blicke, dann erfüllt mich Dankbarkeit, dass ich wieder ganz normal, nach längerer disziplinierter Übung, gehen kann. Für mich ein kleines Wunder, dass ich überlebt habe und auch die Dinge durchlebt hatte.
Gehen und Bewegung war immer sehr wichtig für mich; meine Beine zu spüren, auf Fußsohlen den Boden wahrnehmen, diese Erfahrungen erfüllen mich mit einer stillen Dankbarkeit und diese wiederum teile ich mit meinem Guru.
Ich bitte alle Leser meines Blogs darauf zu achten, Dankbarkeit stets im Fokus zu behalten. Nichts ist sicher; wir haben keinen Anspruch darauf, dass solche "einfachen" Dinge, wie das Gehen immer zur Verfügung stehen. Nebenbei: Gehen ist - wenn wir achtsam auf den Prozess uns einlassen - eine hochkomplexe Angelegenheit.
Wenn ich abends in der Meditation verweile, höre ich im Garten meiner Klause den Gesang der Vögel - ich bin dankbar. Ich höre den Wind in den Baumkronen - ich bin dankbar. Ich sehe nach der Meditation aus dem Fenster und erblicke einen Igel, wie er zur Dämmerung aktiv wird und ich bin dankbar.
Vergessen wir nicht, wie kostbar dieses Leben ist und wie schwer es ist, als Mensch wieder zu erscheinen. Nutzen wir diese Zeit. Seien wir gewahr und füllen wir unser Herz mit Dankbarkeit.

Kontemplation:
Siehe, dass sich alle Dinge ständig verändern.
Nichts ist sicher.
Öffne dich ohne Angst dieser Unsicherheit, spüre sie und lasse sie zu.

Spüre nun deinen Körper. Sei dankbar, dass er dich schon so viele Jahre rägt ohne großes Murren.
Erfreue Dich, dass du gehen kannst-
erfreue Dich, dass du Urin ablassen kannst ohne Schmerzen-
erfreue dich, dass du Kot ablassen kannst ohne Schmerzen-

Sieh, wie kostbar dieser vergängliche Körper ist
Sieh, was du Heilsames mit ihm durchführen kannst
Sieh wie du in Ruhe und ohne Schmerzen meditieren  kannst

Nutze deine Zeit.
Unser Leben ist gleichsam so kurz wie der Blitz, den wir am Himmel wahrnehmen.
Nutze deine Zeit.

Donnerstag, 12. Mai 2016

Spiritueller Geburtstag

Heute vor drei Jahren wurde ich ordiniert. Ich bin also recht jung. Vielleicht auch, da ich mittlerweile 36 Jahre praktiziere, etwas weiser; dies kann ich selber nicht so beurteilen, da andere Menschen dies besser sehen und auch erfahren und erleben können.

Ordination ist für mich keine große Sache; sie bedeutet in erster Linie: Bescheidenheit, Demut, Zurückhaltung und Verpflichtung, mit seinen Gelübden ständig zu arbeiten und in einem Kampf mit seinem Ego zu stehen. Gelübde schützen, sind Herausforderungen und bieten zugleich einen Raum von offener Entwicklung. 

Warum schreibe ich Bescheidenheit und Demut sowie Zurückhaltung und Verpflichtung? Manches Mal kann eine Ordination dazu führen, dass man sich für sehr wichtig hält. 
Ich habe einmal in einem Orden vor langer Zeit erlebt, dass ein Ordensmitglied zu einer anderen Person sagte "....und diese Person X respektiert überhaupt nicht meine Ordination!" Dieses im Brustton der moralischen Empörung. 
Dieses Erlebnis habe ich in all den Jahren nicht vergessen und ich habe mich innerlich in dieser Zeit damit auseinander gesetzt. Diese Erfahrung war sehr prägend, denn ich vermute, dass man Ordination falsch verstehen kann und dadurch sein Ego stärkt und in die Falle der Ignoranz sich begeben kann.  
Ordination bedeutet in erster Linie an sich zu arbeiten, vertieft und sehr ernsthaft. Es gibt keine Flucht! Keine Rumschwätzerei! Nimm dich selber mit deinen Gelübde ernst und sei bereit, diese auch notfalls mit deinem Leben zu bezahlen. Halte sie ein, selbst wenn du der letzte "Dharmapraktizierende" auf der Welt wärest. Zugleich nimm dich nicht wichtig, immer weniger. Wer Macht, Frauen, Ruhm und Wichtigkeit erlangen will, derjenige ist ein Tor, ein Mensch, der zerfressen wird von Ehrgeiz und Neid. Hüte dich stets davor! 

Demut wiederum bedeutet, dass du stets daran arbeitest, allen Wesen ein Freund zu sein. Auch denen, die du als dumm oder denen du mit Verachtung, Stolz oder Aggression begegnest. Demut bedeutet, sich nicht erhöhen zu wollen, ein Diener aller Wesen zu sein, seien es nun Menschen oder Tiere. Wenn du etwas falsch gemacht hast oder Leid verursacht hast, dann entschuldige dich und spreche mit deinem Lehrer. Lerne daraus!

Zurückhaltung bedeutet, dass wir uns nicht gleich immer einmischen und beteiligen mit unserer so wichtigen Ansicht und Meinung. Wenn wir sehr intellektuell sind, sehr belesen, dann sollten wir besonders darauf achten, mit Ansichten und Meinungen vorsichtig umzugehen. Wie viel unnützes Geschwätz, wie viele Konzepte und wie viele Möglichkeiten, sich aufzuplustern. Zurückhaltung ist ein Geschenk! Es gibt Ruhe im Sturm der Meinungen und Ansichten. 

Ich bin dankbar für das Geschenk der Ordination. Es ist für mich Ausdruck mit all den oben genannten Aspekten zu arbeiten und für mich Verantwortung zu übernehmen. Ebenso wichtig ist das Teilen des Dharmas mit all den Menschen, mit denen ich Kontakt habe. Es ist Ausdruck dafür, dass wir alle einen Pfad beschreiten, der von Liebe und gegenseitiger Unterstützung sowie Kreativität geprägt ist.

Dienstag, 3. Mai 2016

Geschäftigkeit - eine Form der Faulheit
Es klingt wie ein Widerspruch in sich, wenn wir annehmen, dass wir, wenn wir nur viel tun, sehr viele Termine haben und bis zur Erschöpfung arbeiten,  dann fleißig seien. Das Gegenteil ist der Fall. Wer viel unternimmt und viel arbeitet, der mag auch viel Erfolg auf der weltlichen Ebene besitzen, er ist aber durch die vielen Ablenkungen - und Geschäftigkeit und zu viel Arbeit sind Ablenkungen - auf der spirituellen Ebene in Gefahr, der Faulheit zu verfallen. Arbeit und hektische Betriebsamkeit verhindern es oft, dass wir Zeit haben, zu praktizieren. Wir haben dann immer eine gute Ausrede und verkleiden diese in hehre Ziele, die wir zum Wohle der Anderen nachkommen wollen. Eine oftmals fromme Selbstlüge! 

Wann wollen wir praktizieren? Dann, wenn wir Zeit haben? Dann, wenn wir zur Ruhe gelangen? Dann,  wenn bestimmte Tätigkeiten erledigt sind? Dieses alles sind Ablenkungen unseres Ego. Dieses möchte nämlich gar nicht praktizieren und lieber in seinem Boulevard Modus aus Klatsch, Sex und Crime verbleiben. Doch unser Leben ist kurz! Wie ein Blitzstrahl kann es vergehen und dann haben wir unseren kostbaren Menschenkörper und unsere menschliche Existenz nicht genutzt sondern verplempert. Wenn dann Alter und Krankheit und Tod eintreten ist das Jammern groß und auch das Klagen. Zu spät. Man muss es deutlich sagen. 

Sollen wir nun gar nichts mehr tun? Auch dies ist weit gefehlt. Wichtig ist, dass wir ein Gleichgewicht herstellen. Dieses sollte aus weltlicher Arbeit und spiritueller Praxis bestehen. Weltliche Arbeit bedeutet, dass wir Verantwortung für uns selber übernehmen und auch für unsere Familien und Freunde und unserer spirituellen Gemeinschaft. Hierfür brauchen wir schlichtweg Geld, solange wir keine Mönche sind. 

Arbeit, sinnvolle Arbeit, kann uns persönlich reifen lassen und uns Vertrauen geben, dass wir etwas können. Dieses ist heilsam und zu fördern. Jedoch sollten wir uns auch Zeit nehmen, unsere spirituelle Arbeit nicht zu vernachlässigen. Meditation - Kontemplation - Studium und deren ethische Anwendung in der Welt sind unablässige Voraussetzungen um sich wirklich zu einem wahren Menschen zu entwickeln. 
Vergessen wir nicht die Wichtigkeit der eigenen Praxis. Wir praktizieren nicht nur für uns sondern auch für andere Wesen, denn unsere Praxis hat immer Auswirkungen auf andere Menschen und Tiere. Gehen wir einer sinnvollen heilsamen Arbeit nach, vermeiden wir Arbeit, die andere Menschen täuschen kann, handeln wir nicht mit Drogen, beuten wir nicht aus und leben wir nicht auf Kosten anderer. Auch das Handwerk des Tötens sollten wir unterlassen; unsere Welt hat schon genug Krieg erlebt und all das Klagen und alle Tränen, die geflossen sind, würden unsere Ozeane nur als kleine Rinnsale erscheinen lassen. Vergessen wir nicht: unsere Praxis ist sehr wichtig. Sie ist das wichtigste Element unseres Lebens. 
Nutzen wir jedoch auch unsere Arbeit in der Welt um alles auf dem Pfad als Lernsituation zu nutzen. Hüten wir uns vor sinnloser Geschäftigkeit und sehen in ihr Waffen Maras, der in Verbindung mit unserem Ego uns eine billige Illustrierte vorgaukelt mit dem Ziel, nicht aufzuwachen. 
 

Montag, 2. Mai 2016

Terminankündigung:

Der 1. buddhistische Klausurabend findet am Donnerstag, den 5. Mai statt. Hier wollen wir uns dann auf zwei Themen konzentrieren und sie eingehend diskutieren und kontemplieren:
1. Wie sieht meine Ethik aus im alltäglichen Leben und welche Hindernisse und Herausforderungen zeigen sich? Wie können wir lernen, damit umzugehen?
2. Wie sieht meine Meditationspraxis aus? Welche Schwierigkeiten habe ich und wie können wir lernen, damit umzugehen?
Ort: Praxis Block, Scheffelstr. 20
Wann: Donnerstag, 5. Mai 2016
Kosten: keine
Zeit: von 19 bis ca 23h