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Freitag, 30. September 2016

"Alle reden von ihrer Meinung, doch wen interessiert die schon? Halt einfach die Klappe!"
Kodo Sawaki

Montag, 26. September 2016

Wenn du im Augenblick sehr empfindsam bist - ein kleiner Rat für emotionale Krisen und dem Sterben

Wir alle erleben mitunter Zeiten, in denen wir besonders empfindlich sind. Es kann sein, dass wir ängstlich, überempfindlich, gespannt und gereizt erscheinen. Krisen gehören zu unserem Dasein. Bedenken wir, dass unsere Krisen nicht nur uns selber betreffen sondern jeden Menschen. 

Krisen gehören zu unserem Leben dazu, denn wie könnten wir sonst wachsen, wie uns weiter entwickeln? Wir können sehr dankbar sein, dass wir vielleicht eine schwere Crisis durchleben. Es ist eine sehr wertvolle Zeit um uns zu läutern ( unser Verhalten zu überprüfen, unsere eigene Ethik anzuschauen ) und auch, um wirklich zu wachsen, zu reifen. 

Deswegen wehre starke und schwere bittere oder ängstliche Gefühle nicht ab; verleugne sie nicht, unterdrücke sie nicht oder versuche nicht vor ihnen zu fliehen, indem du dich sinnlos ablenkst. 

Betrachte all dieses, lasse es sich aussprechen, habe Offenheit für dich. Wenn emotionaler Schmerz, gleich welcher Art, entsteht, spüre ihn nur, sei ganz in diesem Augenblick. Gehe aber nicht gedanklich hinein, interpretiere nicht, noch schmücke es mit Fantasien aus. Hiermit verstärkst du deinen Schmerz nur völlig unnötig.

Lasse die Gedanken und Gefühle toben, lasse sie Jammern, lasse sie gefüllt mit Bitternis und Verlassenheit sein. Lasse sie zu. Gehe aber nicht in die gedanklichen Interpretationen. 
Wenn du merkst, du malst dir etwas aus, gehe zum gegenwärtigen Gefühl zurück. Immer wieder. Verbleibe nicht in den Gedankenwelten; sie können ein Tor zur Hölle sein. Nimm nur wahr, dass da Gedanken sind. Eigentlich nur Phänomene, die nicht zu mir, zu deiner wahren Natur gehören, denn diese ist nicht dual, nicht unterscheidend und niemals auf dein Ego bezogen. So wie die Wolken nur am Himmel erscheinen aber nicht der Himmel sind, so sind die Gedanken nur Erscheinungen aber nicht das, was wir wirklich sind.

Wenn du unter sehr starken körperlichen Schmerzen leidest, dann versuche auch hier, liebevoll zu deinem Körper zu sein. Wenn du unter Krebs oder eine andere Krankheit leidest, die dein Leben beenden wird, freue dich über jede schmerzfreie Stunde und widme dich dem Guten: rede liebevoll, sei großzügig zu dir und anderen Menschen und frage dich immer, was du Schönes für einen anderen Menschen noch tun kannst. Sei dankbar auch dafür, dass dich dein Körper so lange ohne große Mucken getragen hat. 
Was hat er alles für dich ausgehalten, Alkohol, Nikotin, wenig Schlaf, zu viel oder zu wenig Nahrung, nicht gesunde Nahrung, zu viel Anstrengung im Beruf? Sei ihm dankbar und lasse ihn, lasse ihn sich langsam verabschieden, verabschiede dich selber freundlich und warm von ihm. Alles endet nun einmal. Sei immer bereit hinter all dem Kummer und Schmerz den Tod zu sehen. Er verkleidet sich nur. Wenn du aber den Tod betrachtest, ist es immer dein Ego, das stirbt. Davor haben wir Angst. Das ist unsere Vernichtung. Wenn unser Ego etwas reduziert wäre, dann würde es uns leichter fallen, zu gehen, Abschied zuzulassen. 
Deswegen wird im Zen und generell im Buddhismus immer der Rat gegeben, dass wir zu jeder Sekunde bereit seinen sollten, dass wir der Vernichtung anheim fallen. Wenn du unter sehr starken Schmerzen leidest, nehme Schmerzmittel. Höre auf gute, dir wirklich wohlwollende Ärzte. Beachte aber immer, dass du wenn möglich noch klar bist. Es ist eine Gradwanderung.  

Halte deinen Geist immer liebevoll, zu dir und zu anderen Menschen. Wenn du stirbst, dann lasse es geschehen; es ist etwas, was völlig normal ist, denn jedes zusammen gesetzte Ding muss auseinander fallen, Platz schaffen. Es hat noch niemand den Tod überwunden, kein Wesen. Also höre auf, dir etwas vorzumachen. Es ist sinnlos! 
Lenke stattdessen deine Aufmerksamkeit in das Vertrauen zum Buddha Amitabha, zu Jesus oder zu deinem Gott. Öffne dich weit. Sei dir stets bewusst, dass du unklar wirst, dein Herz rast und du unruhig sein wirst. Auch wird dein Mund trocken sein und auch dein Körper, dein guter Freund, nun langsam seine Funktionen einstellen und kalt werden. Lasse sich dann liebevoll dein Bewusstsein auflösen. Nichts ist zu tun. Alles ist in Ordnung. 

Du siehst, ob es nun dein individuelles Sterben ist oder das Sterben von Emotionen und Verhaltensmustern, sei immer aufrichtig, stets liebevoll zu dir selbst und versuche nicht, all dieses abzuwehren. Halte schlicht aus. Wenn du dies vermagst, wirst du bereit sein, entweder neu zu leben oder im Frieden zu sterben. Was gibt es Schöneres?

Freitag, 23. September 2016

Zerfall
Im Buddhismus wird viel vom Zerfall des Körpers und auch unserer Sinnes- und Denkfunktionen gesprochen. Was bedeutet dies? Nun, zuerst einmal müssen wir hinnehmen, dass unser Körper durch Alter und Krankheit jederzeit verfällt. Sehen wir unsere Zellen an: Neubildung und Sterben, im Verlauf unserer Lebensjahre setzt auch hier ein langsamer - zuerst unmerklicher, später deutlich spürbarer - Zerfall ein. Wir bemerken dies an dem Nachlassen von Kraft, Energie und Ausdauer. Auch unsere Sinnesleistungen werden schwächer wie zum Beispiel unsere Sehleistung oder unsere Hörleistung.

Auch bedeutet Zerfall durch Alter und/oder Krankheit auch, dass wir mit dem Denken Schwierigkeiten bekommen; unsere Denkleistung lässt nach und verliert an Schärfe, dementielle Erkrankungen können durchaus folgen.
Soweit zu den psychologischen wie körperlichen Veränderungen.

Ein weiterer Aspekt jedoch liegt in der genauen Betrachtung des Zerfalls auf das Individuum bezogen. Wir müssen lernen, wirklich und ernsthaft Dinge abzugeben und auch bereit sein, Dinge zu lassen. Das Wort Loslassen ist hier sicherlich angebracht, wird aber gerade in buddhistischen Kreisen so inflationär benutzt, dass es seine Bedeutung tief gehender Natur schon verloren hat.

Zerfall bedeutet ein Abschied nehmen. Wir können nicht mehr an allen Dingen, die wir früher gern getätigt haben teilnehmen. Wenn wir gern im Kino gesessen haben um uns einen Film anzuschauen. dann wird irgendwann dieses nicht mehr möglich sein, oder wir essen gern Eis. Unser Geschmacksinn kann nachlassen und der Weg zum Eissalon kann schon beschwerlich werden. Ferner werden wir mit zunehmendem Alter weniger besucht, weil unsere Kinder vielleicht ihre eigenen Dinge zu regeln haben, vielleicht wird es ein Pflichtbesuch oder unsere Freunde sterben.

Abschied nehmen bedeutet auch, dass wir lieb gewonnene Hobbys oder Interessen nicht mehr nachgehen können, weil wir zum Beispiel nicht mehr gut lesen können oder unseren Vivaldi oder AC/DC nicht mehr so gut hören können. All dieses bedeutet, dass wir Abschied nehmen müssen. Etwas verlassen müssen, was uns viele Jahre lieb geworden ist.
Wenn wir alte Menschen in einem Restaurant beobachten, dann essen sie weniger; wir sagen: Seniorenteller. Wo früher ein Wohlstandsbauch war ist nun fast im hohem Alter eine zunehmende Ausgemergelung zu sehen. Auch unsere Sexualität - für viele Menschen ein wichtiges Charaktermerkmal und Identitätsstifter - lässt nach. Unsere Lust auch auf diesem wichtigen Gebiet lässt deutlich im hohen Alter nach.

Was können wir tun? In erster Linie Akzeptanz. Radikale Akzeptanz! Wir müssen lernen, anzunehmen. Alles dagegen Angehen führt nur zu noch mehr Kampf, den wir sicherlich verlieren werden!
Auch können wir mehr auf die Qualität eines Besuches achten: reden wir heilsam, führt unser Gespräch zur Befriedigung des Herzens? Wenn es uns gelingt, alle vier Wochen bei guter körperlicher Kondition ein Eis zu genießen, dann lassen wir den (eingeschränkten) Genuss zu, achtsam, beobachtend und auch wertschätzend. Denn noch können wir genießen. Noch.

Ein weiterer Faktor wäre, dass wir zunehmend liebevoller und nachsichtiger mit uns umgehen. Finden wir Frieden in uns selbst, dann ist dieses immer ein Ergebnis von Freundlichkeit im Verhältnis zu uns.  Und schließlich, wir können jetzt (!) in diesen Moment kontemplieren, dass der Zerfall eintreten wird und wir können jetzt beginnen, unser Leben liebevoller und friedlicher zu gestalten. Dieses wird den Vorteil haben, dass wir - wenn eins der Tod eintritt - mit der Gewissheit sterben, dass wir ein reiches und sinnvolles Leben geführt haben also unser Leben wirklich genutzt haben. Beginnen wir also genau in diesem Moment wirklich zu leben!

Mittwoch, 14. September 2016

Jemand, der intelligent (!) zweifelt, ist mir hundertmal lieber als zwanzig gläubige Dummköpfe. 

Dienstag, 13. September 2016

Zwei Aspekte des Geistes

Im Vajrayana, der tibetischen Form des Buddhismus, werden zwei Aspekte des Geistes unterschieden: der Erscheinungsaspekt und der Aspekt des Absoluten.

Der Erscheinungsaspekt (tib. Sem) wird als der gewöhnliche Ego Geist gesehen; er unterscheidet, hat Vorlieben und Abneigungen und ist in seiner Ausrichtung der Dualität verpflichtet.

Es ist unser Ego Geist, der Dinge haben möchte oder sie ablehnt, auch alle Emotionen wie die persönliche Liebe und der Zorn, Eifersucht, Hass und die Fähigkeit der Manipulation gehören zu diesem Aspekt des Geistes.
Damit verbunden ebenfalls das starke Leid, die Verzweifelung und all die Krankheiten unseres neurotischen, unruhigen Geistes und alles Jammern und Klagen; all der Verlust und all der Gewinn, alles an Planung und Anhaften.
Dieser Aspekt des Geistes ist  konzeptualisierend und völlig unbeständiger Natur. Er unterliegt Mustern und Denkprozessen, welche dazu führen, dass wir unterscheiden und in dualen Strukturen denken und handeln also unsere Welt nur fragmentarisch, aufgeteilt wahrnehmen und diese Fragmente bewerten. 

Hier zeigen sich unsere individuellen Konditionierungen, welche schon seit langer Zeit gebildet wurden.
Dieser Aspekt des Geistes ist dem Untergang, dem persönlichen Tod und dem Zerfall gleichsam wie der des Körper unterworfen. Wer sich an ihn klammert und sich mit ihm identifiziert, der wird bei der Auflöung des Körpers unter starker Verzweiflung und Getrenntheit leiden.

Wir müssen jedoch erkennen, dass dieser gewöhnliche Aspekt da ist und wir werden ihn zeitlebens auch unterliegen, denn er hilft uns in dieser Welt zu handeln. Gleichzeitig stellt er das ungeschliffene Basiselement dar, mit welchem wir die Befreiung erlangen können. In der Meditation wie in unserem täglichen Leben können wir Erfahrungen sammeln, nict mehr ganz so dual zu denken und zu handeln.

Der zweite Aspekt unseres Geistes wird als der Absolute Geist beschrieben. Hier geht es um die wahre Natur des Geistes (tib. Rigpa). Dieser Aspekt war nie befleckt, nie rein, unterliegt nicht der Dualität oder irgendwelchen unterscheidenden Kategorien.
Auch dem Wandel von Leben zum Tod und umgekehrt unterliegt der wahre Geist nicht. Ferner - und dies ist wichtig - ist er nicht nur auf eine begrenzte Person bezogen.
Die wahre Natur des Geistes ist nicht nur auf eine Persönlichkeit, einem Ich bezogen - sie ist die Natur von allem. Wenn wir also unsere wahre Natur des Geistes erkennen, dann erkennen wir die Wirklichkeit ohne dass es Dualität, Kategorien oder ein persönliches Ego gibt. In der wahren Natur des Geistes zu ruhen bedeutet letztendlich die Befreiung. Die Schleier lösen sich und wir sehen die Dinge so wie sie wirklich sind.

Wenn wir zum Beispiel die Wellen in einem Ozean betrachten, dann zeigen sich hier alle Aktivitäten des gewöhnlichen Aspektes unseres Geistes. Tosende Stürme peitschen die Wellen hoch, permante Bewegung und Dynamik sind die Natur und die Eigenschaften dieser Wellen.
Betrachten wir aber den Ozean selbst, dann ist dort Ruhe, die eigentliche wahre Natur des Ozeans. Unerschütterlichkeit. Stille. Die Wellen sind nur der gewöhnliche Aspekt gleichsam nur auf seiner Oberfläche befindlich. Sie sind immer in Bewegung, dem Untergang und der Neuschaffung unterworfen.

Wenn wir in der wahren Natur des Geistes ruhen, dann erkennen wir die wahre Natur des Ozeans oder die wahre Natur des Himmels. Er ist strahlend blau; die Wolken mal schwer und grau oder hell und leuchtend tangieren den Himmel nicht. So verhält es sich mit den zwei Aspekten des Geistes. Dieses zu erkennen, ist ein Ziel der Meditation.

Donnerstag, 1. September 2016

Nimm aber dem liebenden Herzen
zürnen auf ewig die Götter
(Text aus dem frühen Mittelalter)