Translate

Sonntag, 3. April 2016

Was ist Meditation und was ist sie nicht? Aspekte der Kontemplation.
Mein Lehrer Mingyur Rinpoche gab unlängst eine sehr klare Belehrung über Meditation. Er sagte, dass Meditation Präsenz und Gewahrsein bedeutet. Aspekte wie Ruhe und Freude sind Nebeneffekte, welche aber nichts mit der Meditation an sich zu tun hätten; es sind Nebeneffekte. 
Meditation ist das klare Gewahrsein von allen Phänomenen, ob sie nun Gedanken, Körperempfindungen oder Gefühle sind oder Phänomene des "Äußeren" wie Gerüche und Töne. 

Dabei ist es wichtig, nicht wie ein Roboter zu konstatieren sondern eine wirkliche Offenheit und Empfänglichkeit in der puren Präsenz zu besitzen: Wir beurteilen nicht, wir hängen nicht an den Gedanken und führen sie fort noch ärgern wir uns, noch lehnen wir diese unangenehmen Phänomene wie Ärger, Übelwollen oder Gier ab. Wenn wir es dennoch tun, bemerken wir dieses, ohne weiter den Reaktionen nachzugehen, wir lassen sie gleichsam ausklingen, so wie eine Welle erst mächtig ist und dann am Strand leicht gekräuselt angelangt. Wir sind dann wirklich in der Meditation, wenn wir all diese Phänomene bemerken in einen Raum von Weite und Offenheit. 

Meditation ist nur dieses: Eine pure Präsenz, mehr nicht! Wenn wir nach der Meditation voller Ruhe und stiller Freude sind, so sollten wir dieses durchaus bemerken und spüren, wie Meditation wirkt. 

Meditation bedeutet nicht, dass wir träge und faul unseren Gedanken nachgehen, uns in Träumen und wundervollen Filmen verlieren noch dass wir Ärger, Gier und Spinnereien zusätzlich mit Gedanken nähren. Wir geben den Dingen dann zu viel Aufmerksamkeit und machen unser Ego fett. 
Meditation bedeutet - wenn wir es versuchen annähernd zu beschreiben - Schweigen, die Dinge zur Ruhe kommen zu lassen.
Wenn wir abgelenkt sind, bemerken wir diese Ablenkung (Distraction) und sind wieder im achtsamen Verweilen.

Im Buddhismus unterscheiden wir zwischen Meditation und Kontemplation. Eine Kontemplation ist eine fokussierte Betrachtung über ein spirituelles Thema wie zum Beispiel die Kontemplation über den Tod, über die Vergänglichkeit (oder über die nachteile des Greifens und Festhaltens), den Früchten des spirituellen Lebens oder den Eigenschaften eines Buddha. 
Kontemplation kann nach einer Meditation erfolgen oder als selbstständige Übung aufgenommen werden. 
Ziel der Kontemplation ist es, sich zu erinnern, warum wir das spirituelle Leben aufgenommen haben und bestimmte Themen klar zu durchdenken, ohne in Trauer oder Widerwillen zu gelangen, wie zum Beispiel der Leichenfeldbetrachtung. 
Wir geben gleichsam unserem spirituellen Leben eine Vertiefung und runden es in der Kontemplation ab. 
Kontemplation bedeutet, dass wir uns eine Richtung geben und den Pfad durch die Betrachtung sicherer gehen können. Wir können also sagen, dass Kontemplation ein fokussiertes offenes Sehen bedeutet, welches unsere Praxis zu bereichern vermag. 
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen