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Sonntag, 8. November 2020

Den Tod richtig betrachten

Wir alle fürchten unseren Tod. Viele Menschen verdrängen das Denken an ihn völlig. 
Tritt er jedoch ganz plötzlich in unser Leben, sei es, dass ein Freund oder Partner verstirbt, gibt es keinen Ausweg: wir müssen Notiz von ihm nehmen. Doch schnell gehen unsere alten Mechanismen wieder "online" und wir verdrängen ihn weiterhin bis er dann eines Tages vielleicht durch eine Krankheit wieder vor unserer Pforte steht. 

Aber warum müssen wir immer mechanisch reagieren, wenn wir mit dem Tod konfrontiert werden? 
Wenn wir sterben, müssen wir alles, was uns liebgewonnen ist, loslassen: unsere Partner, unseren Besitz und all das, was unsere Person ausmacht. Hobbys, Vorlieben und unsere sonstigen Eigenschaften müssen wir loslassen. 
Wenn der Tod eintritt und wir nicht vorbereitet sind, ist es sehr schwer, loszulassen und sich zu entspannen, sich dem Tod zu überlassen. 

Wir können jedoch auch schon in diesem Augenblick beginnen uns mit dem Tod anzufreunden.  Denn, wenn wir uns für ihn öffnen, weit und freundlich auf ihn reagieren, so schmilzt unser Widerstand ihm gegenüber und wir geraten nicht in Gefahr,  vor lauter Abwehr und Angst in unklare Bewusstseinszustände zu gelangen. 

"Und dann trat der Tod in das Treibhaus, es wurde kalt, so kalt. "Gute Mutter, reich mir dein Keimchen, bitte dich, hätte nie froh und gesund gelebt."  Und die Mutter weinte, weinte so schmerzerfüllt. "Gib mir dieses Keimchen und ich sende Ruh' und Fried'."
Frei nach H.C. Anderson

Sich mit ihm anfreunden, den Tod willkommen zu heißen, ganz weit zu sein und sich aufhören zu wehren und den sinnlosen Kampf einzustellen, all dies wird uns helfen, leichter zu sterben da wir Selbstliebe praktizieren und daher in einem glücklichen, stillen und freundlichen Zustand sterben können. 

Auch können wir uns bei unserem Körper bedanken, der solch eine gute Leistung über Jahrzehnte erbracht hat und unser treuer Begleiter war. 
Wir können ihn wertschätzen und hierdurch unsere lang konditionierten Muster des Greifens und der Angst ändern, wenn der Tod dann an unserem Bett steht. Wertschätzung als Bewusstseinszustand ist so wichtig, da sie Achtsamkeit beinhaltet und unseren Geist mit Freude füllen kann. 

Wir haben die Freiheit, anders zu reagieren; eines der großen Privilegien unserer kostbaren menschlichen Existenz. 
Wir müssen nicht nach immer dem alten Muster aus Angst und Widerstand reagieren. 

Der Tod bleibt immer der Sieger, denn noch kein Wesen konnte ihm entgegen. Er ist Voraussetzung für das Leben. Stellen wir uns nur einmal kurz vor, dass in diesem Augenblick des Einatmens Milliarden Wesen sterben und im gleichen Moment Milliarden Wesen geboren werden. Alles in einem Atemzug. 
Wir können uns gegen den Tod nicht wehren, er ist "allmächtig" solange Samsara besteht. Erst wenn Nirvana verwirklicht wurde unterliegen wir keinen Bedingungen mehr.  
Warum dann nicht beginnen, sich mit ihm anzufreunden und  seiner Weisheit lauschen? 

Geschrieben im Zug nach Essen, zum Wohle aller Wesen am 7.11.2020

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