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Donnerstag, 12. Mai 2016

Spiritueller Geburtstag

Heute vor drei Jahren wurde ich ordiniert. Ich bin also recht jung. Vielleicht auch, da ich mittlerweile 36 Jahre praktiziere, etwas weiser; dies kann ich selber nicht so beurteilen, da andere Menschen dies besser sehen und auch erfahren und erleben können.

Ordination ist für mich keine große Sache; sie bedeutet in erster Linie: Bescheidenheit, Demut, Zurückhaltung und Verpflichtung, mit seinen Gelübden ständig zu arbeiten und in einem Kampf mit seinem Ego zu stehen. Gelübde schützen, sind Herausforderungen und bieten zugleich einen Raum von offener Entwicklung. 

Warum schreibe ich Bescheidenheit und Demut sowie Zurückhaltung und Verpflichtung? Manches Mal kann eine Ordination dazu führen, dass man sich für sehr wichtig hält. 
Ich habe einmal in einem Orden vor langer Zeit erlebt, dass ein Ordensmitglied zu einer anderen Person sagte "....und diese Person X respektiert überhaupt nicht meine Ordination!" Dieses im Brustton der moralischen Empörung. 
Dieses Erlebnis habe ich in all den Jahren nicht vergessen und ich habe mich innerlich in dieser Zeit damit auseinander gesetzt. Diese Erfahrung war sehr prägend, denn ich vermute, dass man Ordination falsch verstehen kann und dadurch sein Ego stärkt und in die Falle der Ignoranz sich begeben kann.  
Ordination bedeutet in erster Linie an sich zu arbeiten, vertieft und sehr ernsthaft. Es gibt keine Flucht! Keine Rumschwätzerei! Nimm dich selber mit deinen Gelübde ernst und sei bereit, diese auch notfalls mit deinem Leben zu bezahlen. Halte sie ein, selbst wenn du der letzte "Dharmapraktizierende" auf der Welt wärest. Zugleich nimm dich nicht wichtig, immer weniger. Wer Macht, Frauen, Ruhm und Wichtigkeit erlangen will, derjenige ist ein Tor, ein Mensch, der zerfressen wird von Ehrgeiz und Neid. Hüte dich stets davor! 

Demut wiederum bedeutet, dass du stets daran arbeitest, allen Wesen ein Freund zu sein. Auch denen, die du als dumm oder denen du mit Verachtung, Stolz oder Aggression begegnest. Demut bedeutet, sich nicht erhöhen zu wollen, ein Diener aller Wesen zu sein, seien es nun Menschen oder Tiere. Wenn du etwas falsch gemacht hast oder Leid verursacht hast, dann entschuldige dich und spreche mit deinem Lehrer. Lerne daraus!

Zurückhaltung bedeutet, dass wir uns nicht gleich immer einmischen und beteiligen mit unserer so wichtigen Ansicht und Meinung. Wenn wir sehr intellektuell sind, sehr belesen, dann sollten wir besonders darauf achten, mit Ansichten und Meinungen vorsichtig umzugehen. Wie viel unnützes Geschwätz, wie viele Konzepte und wie viele Möglichkeiten, sich aufzuplustern. Zurückhaltung ist ein Geschenk! Es gibt Ruhe im Sturm der Meinungen und Ansichten. 

Ich bin dankbar für das Geschenk der Ordination. Es ist für mich Ausdruck mit all den oben genannten Aspekten zu arbeiten und für mich Verantwortung zu übernehmen. Ebenso wichtig ist das Teilen des Dharmas mit all den Menschen, mit denen ich Kontakt habe. Es ist Ausdruck dafür, dass wir alle einen Pfad beschreiten, der von Liebe und gegenseitiger Unterstützung sowie Kreativität geprägt ist.

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