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Samstag, 14. März 2015

Im Angesicht des Todes

"Liebe Mutter,
reich mir dieses Keimchen
bitte Dich

hätte nie froh und gesund
gelebt

Reich mir dieses Keimchen
und ich sende seinem Herzen
Ruh`"

frei nach Hans Christian Andersen

Gestern war mein lieber Freund, Herr B bei mir zu Besuch. Wir sprachen viel, auch wie es ihm geht und wie es ist, wenn wir uns langsam dem Angesicht des Todes nähern oder auch stellen müssen.
Ich war sehr gerührt, wie ruhig und freundlich mein lieber Freund war, gerade, wo doch der Tod sich in wahrscheinlich nicht mehr großer Entfernung aufhält.

Ich habe ihm eine Kontemplation vorgeschlagen:

Der Tod ist in dieser Welt allmächtig. Warum benutze ich dieses Wort? Es gibt Wesen mit viel Kraft, es gibt Wesen mit viel Macht, es gibt Wesen, die sind schwach, oder gut oder befleißigen sich eines unheilsamen Wirkens, es mag Geisteswesen geben, es gibt Tiere, Pflanzen, Dämonen, höhere und niedere "Götter", Kollektivwesen und Wesen, die wir uns nicht vorstellen können - alle Wesen unterliegen dem Tod, können ihn nicht ausweichen und sinken dereinst, je nach ihrem Karma und der damit verbundenen Lebensenergie hinab ins Grab.
Man mag noch eine gewisse Zeit über sie sprechen, jedoch nach einer kurzer Zeitspanne ist auch dies vorbei.
Wenn auch mein Tod unausweichlich ist und er wirklich allmächtig ist, dann hat es keinen Sinn wie ein  Händler mit ihm verhandeln zu wollen oder zu feilschen.  Auch nützt es mir nicht, mich vor ihm zu verstecken oder ihn zu leugnen.
Wenn ich ihn leugne, beginne ich mich selbst in meiner Ganzheit zu leugnen, denn der Tod ist nach buddhistischer Hinsicht Abschluss und damit Teil des Lebens, genauso wie der Tod Abschluss und Voraussetzung ist, dass neues Leben zu Tage tritt.

Eine Geschichte

Ein Wesir in Bagdad ging mit seinen Wachen und im Angesicht seiner Macht und Glorie auf dem großen Basar. Alle Menschen mussten niederknien und es war bei Todesstrafe verboten, auch nur ein Jota den Kopf zu heben. Der Wesir sonnte sich in seiner Macht und war hochgemuth.

Nach einer Weile sah sich der Wesir um. Er sah eine dunkle Gestalt nicht weit von ihm entfernt und erkannte, dies ist der Tod.
Voller Panik, der kalte Schweiß brach aus ihm und mit zittrigen Händen ritt er nun mit seinem Gefolge zum  Palast des Kalifen zurück und bat ihn dort um das schnellste Pferd im ganzem Reich, damit er weit weit weg nach Samarkand  fliehen könne, nur weit weg, dass der Tod ihn nicht verfolgen könnte.
Der Kalif gab ihm das schnellste Pferd im Reich und der Wesir floh damit in höchster Eile von Bagdad nach Samarkand. 
Neugierig geworden ging der Kalif nun ebenfalls zum Basar. Dort sah auch er ihn, den dunklen Mann. Es fiel ihm auf, dass in seiner Umgebung keine Fliege summte und dort wo er entlang schritt, die Vögel aufhörten zu singen und die Maultiere erstarrten.
Der Kalif schritt nun auf dem Tod zu und sprach ihn respektvoll an. "Warum habt ihr, werter Herr, meinen Wesir so in Schrecken versetzt?" "Dies war nicht meine Absicht, werter Herr Kalif, ich habe noch nicht einmal mit dem Wesir gesprochen. Ich habe mich nur gewundert, dass er hier ist. Wir haben doch heute Abend eine Verabredung in Samarkand."

Der Tod, Herr aller Welten

Der Tod wird auch der "Herr aller Welten" bezeichnet; denn, was geboren wurde, unterliegt auch der Veränderung von Alter und Krankheit und mündet zwangsläufig im Tod. Geburt, Alter, Krankheit und Tod werden auch als die Dasein bestimmenden Merkmale oder die "Vier Unausweichlichen" bezeichnet.
Das Todlose, der Kühle Ort, der Ort des Friedens wird im Buddhismus Nirvana bezeichnet, das Ziel jeglicher Entwicklung.
Bhante Sangharakshita bezeichnet es so, dass alles den Motor der Entwicklung im Universum in sich trägt. Nirvana (Nibbana) ist also möglich, der "sichere Hafen."

Herzensrat an meinem Freund

Ich habe meinem Freund gesagt, dass, falls es sein letzter Frühling und sein letzter Sommer sein sollte, er besonders das Blühen der Pflanzen und die Knospen der Bäume im hellen Licht einer sanften Frühlingsonne genießen solle. Möge er sich an dem Gesang der Vögel, die in den Zweigen den Sommer begrüßen, besonderer Aufmerksamkeit widmen. Möge er am Rhein wandern, dem Fließen des Wassers zuschauen und wenn es geht, sollte er seiner großen Liebe Italien noch einen Besuch abstatten. Er sprach von dieser Liebe und war vielleicht im letzten Leben in der Landschaft, die wir "Italien" bezeichnen, geboren worden; in diesem Leben ist er im tiefen Süden Deutschlands geboren worden; seine Liebe zur italienischen Lebensweise und der Landschaft  hat sicherlich tiefere Gründe.

Gleichmut (Upekkha)

Im Angesicht des Todes, jedoch auch schon im Leben übend, sollten wir Gleichmut üben. Ein befreundeter spiritueller Lehrer in der Tradition Ayya Khema übersetzte Upekkha gleichsam mit "liebevolles Lassen."
Gleichmut ist die Anerkennung des Todes; das, was man nicht ändern kann, das, was unausweichlich ist, dieses sollten wir annehmen können in Würde, wie es die Stoa vorschlägt.
Diese Würde, dieses"einverstanden sein"  hilft uns vielleicht, unsere Angst und unseren Wiederstand zu mildern. Je mehr wir Wiederstand leisten umso unruhiger wird unser Geist und umso schmerzvoller unser Tod, denn wir krallen uns an etwas, das vergehen muss und das sowieso nicht mehr zu verändern ist (Allmacht des Todes). Warum dann solches noch tun?

Wenn wir loslassen, den Körper entspannen und in den Schmerz uns entspannen, dann wird im Körper und auch in unserem Geist eine Haltung des Friedens entstehen.

Amitabha
Im Augenblick des Todes jedoch sollten wir uns in die Visualisation des Buddha Amitabha hinein fallen lassen. Er wird uns mit liebevoll geöffneten Armen empfangen und uns durch die Bardos begleiten ins Reine Land. Dort werden wir die Güte Amitabhas spüren und die Lehren aller Buddhas hören, damit wir die besten Voraussetzungen besitzen, Nirvana zu erlangen.








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