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Mittwoch, 18. Februar 2015

Beziehungen II

Gestern war eine junge Klientin bei mir und erzählte mir die Geschichte ihrer letzten Beziehung. Sie liebte ihren Partner, war jedoch immer erschüttert, dass ihr Freund eine gute Freundin hatte, mit der er Abends über die sozialen Netzwerke chattete. Die Klientin war eifersüchtig und sprach dies an. Ihr Partner sagte ihr ernst, dass es halt seine beste Freundin ist und da "nichts läuft" außer eine gute Freundschaft.
Meine Klientin begann nun, ihrem Freund hinterher zu spionieren und schaute auf sein Handy, schaute auf die Messenger Dienste und kontrollierte, wann und mit wem er gesprochen hatte. Da sie seine Passwörter wusste, ging sie auf die Email Konten und prüfte auch hier den Mailverkehr.
Da sie nichts fand, wie sie eingestand, zugleich aber weiter argwöhnisch war, begann sie ihn mit Vorhaltungen und Vorwürfen zu belegen. Das Ende der Beziehung war nah.

Zwei Aspekte
Zwei Aspekte fallen mir ein. Zuerst, ein Mangel an Vertrauen.Vertrauen muss erarbeitet werden. Wir sollten über den Tag öfter einmal nachdenken, dass Vertrauen eine heilsame Angelegenheit ist. Wir beginnen, unseren Geist auf das Positive zu richten; langsam und stetig.
Vertrauen sorgt dafür, dass wir uns nicht in Raserei und Kontrollwahn hinein steigern, dass wir dem anderen seine kleinen Geheimnisse lassen (auch wir haben solche ja auch) und schlichtweg Vertrauen finden in dass, was unser Partner(in) uns sagt. Dieses führt dann zu einem klaren und ruhigen Geist und dies ist für uns schlichtweg heilsam, da entspannt.

Der zweite Aspekt ist, dass wir Kontrolle zumindest reduzieren. Kontrolle im täglichem Leben, sei es im Beruf etc., kann wichtig sein um Verantwortung und Sicherheit zu gewährleisten. Kontrolle, die "out of control" wird, beginnt Missbrauch (abuse) zu sein. Wir greifen in die Persönlichkeitsspähre eines anderen Menschen massiv ein und verletzen ihn oder sie beträchtlich. Wer nachspioniert, der befindet sich in einer Hölle des Zweifels und des Wahns, da er nicht mehr die Realität sieht, sondern in einer Welt der Angst, des Misstrauens und des Hasses lebt. Er ist geistig unruhig, nicht konzentriert und schläft schlecht. Negative Entitäten finden ihn anziehend und nähren sich von ihm.

Was können wir tun?
Zuerst einmal sollten wir lernen, zu Lassen. Jeder Mensch hat seine kleinen Geheimnisse und jeder Mensch hat eine persönliche Intimspähre. Seien wir großzügig und belassen wir es ihm.
Dann wäre es hilfreich, Statements auch zu vertrauen. Wenn jemand sagt, er gehe zum Beispiel nicht fremd, sollten wir dem auch glauben und uns nicht in Misstrauen ergehen. Jedoch ist es wichtig, einen klaren Kopf und Verstand zu behalten. Falls wir sehen, dass jemand doch fremdgeht, dann sollten wir ihn oder sie ruhig zur Rede stellen und fragen, was fehlt. Der Dalai Lama spricht davon, zu verzeihen und zu vergeben als eine spirituelle Kraft. Auch wir haben vielleicht schon unethisch in unserem Leben gehandelt. Wenn wir jedoch sehen, dass wir dieses nicht verzeihen können, dass unsere Verletzung zu stark ist, dann sollten wir so viel Selbstliebe aufbringen um uns von den oftmals abhängig machenden Beziehungstrukturen auch zu lösen. Auch hier ist es wichtig, dass wir Lassen, Lassen von Abhängigkeit und Suchtstrukturen.

Es ist jedoch wichtig, dass wir uns nicht in den oben erwähnten Modi von Verdächtigung, Kontrolle und Vorhaltung begeben und grundlos sich in etwas hinein zu steigern, welches vielleicht gar nicht da ist. Dann sollten wir eher beginnen, an unserem Vertrauen zu arbeiten anstatt uns in Dinge hinein zu steigern, die vielleicht auf einem sumpfigen Boden beruhen.

Um es klar zu stellen, wenn wir wirklich Beweise haben, dass unser Partner/in sexuell fremdgeht, dann müssen wir eine klare Rede haben und Entscheidungen treffen. Wer, wie meine Klientin sich aber auf (neurotische) Vermutungen oder Verdächtigungen stützt sollte zuerst sich klar machen, warum er/sie überhaupt so reagiert und ob die Kommunikation in der Beziehung vielleicht ein wenig gestört ist oder wir schlichtweg in schlechten Geisteszuständen sind.

Conclusio
Patentrezepte gibt es nicht; jede Beziehung ist anders und hat ihre eigenen Arbeitsgebiete. Vielleicht sollten wir beachten, dass wir uns nicht in die Opfer-Täter Dualität begeben. Ein Opfer ist nicht immer ein Opfer und ein Täter ist nicht immer ein Täter. Rollenzuweisungen sind nicht sinnvoll, jedoch immer: Klarheit und Kommunikation.
Verletzungen, Missverständnisse und Missinterpretationen sind Formen des Leids. Unnötiges Leid können wir reduzieren, wenn wir uns an Gesichtspunkte der "Rechte Rede" oder heilsame Rede erinnern.
1. Reden wir klar und ohne Über- oder Untertreibungen
2. Reden wir heilsam, verbindend und nicht auf Misstrauen und Verdächtigung beruhend
3. Bemühen wir uns, nicht Unwahrheiten zu sagen
4. Bemühen wir uns, genau Zuzuhören
5. Bemühen wir uns, achtsam zu sein: nicht zu schnell zu reagieren und um Angemessenheit
6. Benutzen wir keine rohe Rede; Enthaltung von Beleidigungen und Verbalinjurien
7. Teilen wir mit, was unser Bedürfnis ist, was brauchen wir?
8. Enthalten wir uns Gerüchte zu streuen und vorschnell anzuklagen
9. Lassen wir uns gegenseitig ausreden
10. Angemesseneheit im Entschluss

Dieses sind nur einige Aspekte; ich vermag keine Lösungen anzubieten, jedes Gespräch ist immer ein individueller Akt von zwei Menschen, welche ihre eigenen Herangehensweisen haben. Ich hoffe, diese Gesichtspunkte können dazu helfen, Unfrieden zu klären und den Pfad des Vertrauens gemeinsam zu gehen und ein wenig Inspiration zu bieten, denn es gibt keine allgemein gültigen Rezepte.

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